Guinea

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Guinea [giˈneːa] (frz. La Guinée [giˈne]) ist ein Staat in Westafrika, der an Guinea-Bissau (im NW), Senegal im N, Mali (NO), die Elfenbeinküste im O, Liberia (SO), Sierra Leone im S und den Atlantik im W grenzt. Seine Unabhängigkeit von Frankreich erlangte das Land am 2. Oktober 1958.[1] Die Hauptstadt von Guinea ist Conakry.

Republik Guinea
République de Guinée
Wahlspruch: Travail, Justice, Solidarité
(frz., „Arbeit, Gerechtigkeit, Solidarität“)
Amtssprache(n) Französisch
Hauptstadt Conakry
Staats- und
Regierungsform
präsidentielle Republik
Staatsoberhaupt Präsident Alpha Condé
Regierungschef Premierminister Ibrahima Kassory Fofana
Währung Franc Guinéen (GNF)
Unabhängigkeit 2. Oktober 1958 (von Frankreich)
Nationalhymne Liberté („Freiheit“)
Zeitzone UTC±0
Kfz-Kennzeichen RG
ISO 3166 GN, GIN, 324
Top-Level-Domain .gn
Telefonvorwahl +224

Geografie

Guinea liegt in Westafrika zwischen dem 7° und 12° nördlichen Breitengrad und dem 8° und 15° westlichen Längengrad. Der Staat lässt sich in vier Landschaftsräume einteilen (von Westen nach Osten): die Küstenregion Niederguineas, das bergige Fouta Djallon oder Mittelguinea, das bis 1538 Meter hinaufreicht, das flachere Oberguinea und das hügelige Waldguinea. Der Mittel- und Südostteil des Landes befindet sich auf der Oberguineaschwelle. Der Mont Nimba, der sich in Waldguinea, im äußersten Südosten des Landes an der Grenze zur Elfenbeinküste befindet, ist mit 1752 Metern der höchste Berg beider Staaten. Das Naturschutzgebiet rund um den Mont Nimba steht seit 1982 auf der Liste des Weltkultur- und Naturerbes der Menschheit der UNESCO.

In Guinea entspringen zahlreiche westafrikanische Ströme: der Niger und mehrere seiner Zuflüsse vorwiegend in Waldguinea, der Gambia und der Bafing, ein Quellfluss des Senegal im Fouta Djallon. Diese Flüsse entwässern sowohl zur Senegalküste als auch zum Golf von Guinea.

Verwaltungsgliederung

Guinea ist in acht Regionen gegliedert, die nach ihren jeweiligen Hauptstädten benannt sind. Die Hauptstadt Conakry bildet dabei eine eigene Region ohne weitere Untergliederung. Die Regionen sind wiederum in 33 Präfekturen gegliedert. Unterhalb der Präfekturebene gliedert sich Guinea weiter in 341 Unterpräfekturen.

 
Regionen von Guinea


Region Hauptstadt Zugehörige Präfekturen ISO 3166-2
Code
Boké Boké Boffa, Boké, Fria, Gaoual, Koundara GN-B
Conakry Conakry (Hauptstadtdistrikt) GN-C
Faranah Faranah Dabola, Dinguiraye, Faranah, Kissidougou GN-F
Kankan Kankan Kankan, Kérouané, Kouroussa, Mandiana, Siguiri GN-K
Kindia Kindia Coyah, Dubréka, Forécariah, Kindia, Télimélé GN-D
Labé Labé Koubia, Labé, Lélouma, Mali, Tougué GN-L
Mamou Mamou Dalaba, Mamou, Pita GN-M
Nzérékoré Nzérékoré Beyla, Guéckédou, Lola, Macenta, Nzérékoré, Yomou GN-N

Bevölkerung

63,5 Prozent der etwa 13,1 Millionen (2020) Einwohner Guineas leben auf dem Lande, 36,5 % in den Städten.[2]

Im Jahr 2020 war die Hälfte der Bevölkerung jünger als 18 Jahre (Medianwert), 43,1 % der Bevölkerung sind unter 15 Jahren alt, während der Anteil der über 65-Jährigen bei 3 % liegt.[3] Die Lebenserwartung lag 2020 bei rund 61 Jahren.[3] Das Bevölkerungswachstum betrug 2020 2,8 % (Deutschland 0,2; China 0,5; Indien 1,0), die Fertilitätsrate lag bei 4,63 Kindern pro Frau.[3] Für das Jahr 2050 wird laut UN mit einer Bevölkerung von etwas über 25 Millionen gerechnet.

Jahr Einwohnerzahl[3]
1950 03.094.000
1960 03.577.000
1970 04.220.000
1980 04.512.000
1990 06.041.000
2000 08.809.000
2010 10.794.000
2020 13.133.000
2030 17.021.000

Volksgruppen

Die guineische Statistikbehörde erhebt keine Daten über die Zugehörigkeit zu ethnischen Gruppen. Ausgehend von alten Daten kann davon ausgegangen werden, dass mit

  • 34 % die Fulbe (französisch Peul), die zahlenmäßig stärkste Ethnie ist. Die Fulbe wohnen vorwiegend im Fouta-Djalon-Hochland und in der Hauptstadt Conakry. Mit
  • 30 % folgen die mandesprachigen Malinke, sie leben überwieguend in Oberguinea. Schließlich folgen mit
  • 22 % die ebenfalls mandesprachigen Susu, die in der Küstenregion beheimatet sind.

Zu den kleineren Volksgruppen zählen die ebenfalls mandesprachigen Kpèlè mit 6 %, Kissi mit 5 % und Toma mit 1 %. Sie wohnen mehrheitlich in Waldguinea und sind Anhänger von traditionellen Religionen oder des Christentums. Außerdem gibt es vor allem in den Städten libanesische Einwanderer, die ersten kamen schon vor mehr als 100 Jahren ins Land; sie beherrschen einen Großteil des Handels und des Hotelgewerbes. Im Jahre 2020 waren 3,7 % der Bevölkerung im Ausland geboren.[4] Als in den Nachbarländern Sierra Leone und Liberia Bürgerkrieg herrschte, kamen aus diesen Ländern zahlreiche Flüchtlinge nach Guinea. 1996 erreichte ihre Zahl fast 500.000[5], gegenwärtig sind es ca. 50.000[6].

Religionen

Vorherrschend ist seit Jahrhunderten der sunnitische Islam, der von der Richtung der Malikiten dominiert wird. Großen Einfluss hat die Tidschānīya-Bruderschaft. Der Islam gelangte über muslimische Händler aus Arabien und Nordafrika, die im Mali-Reich Handel trieben. Teile des heutigen Guinea gehörten zum Malireich. Das Bergland des Fouta Djallon wurde zu einem Zentrum und zur Hochburg dieses Glaubens und 1725 ein muslimischer theokratischer Staat. Sekou Touré, der erste Präsident Guineas versuchte, den Einfluss aller Religionen zu reduzieren. Im Gefolge der Ölkrise in den siebziger Jahren war er gezwungen, vermehrt muslimische Institutionen in Entscheidungsprozesse einzubeziehen, was sich unter anderem im Bau der Großen Moschee in Conakry ausdrückte. Ursprünglich herrschten auch in Guinea verschiedene Afrikanische Religionen vor, die von animistischen Vorstellungen geprägt waren und die heute noch in synkretistischer Form praktiziert werden. Die prozentuale Verteilung der Bekenntnisse in der Bevölkerung stellte sich nach einer Erhebung von 2014 so dar: 89,1% muslimisch, 6,8% christlich, 1,6% animistisch und 2,4% ohne Angabe einer Religion.[7]

Bildung

In Guinea liegt der Alphabetisierungsgrad 2020 bei 32 %. Zurückzuführen ist dieser Wert auf die mittlere Schulbesuchsdauer der über 25-Jährigen von gerade einmal 2,8 Jahren, die zu den niedrigsten weltweit zählt. Die erwartete Schulbesuchsdauer der nachwachsenden Generation liegt dagegen bei 9,2 Jahren.[8] Die Einschulungsrate im Primarschulbereich bei etwa 92 %, im Sekundärbereich bei 39 % und im Hochschulbereich bei 12 %.[8]

In Guinea gibt es zwölf staatliche und halb-staatliche Universitäten, acht in der Hauptstadt Conakry, eine in Kankan (mit einer Außenstelle in Faranah), eine in Labé, eine in Kindia und eine in N'Zérékoré[9] an denen insgesamt etwa 85.000 Studenten eingeschrieben sind.[10]

Neben der Amtssprache Französisch werden das westatlantische Fulfulde (Peulh, Fula), und die Mande-Sprachen Malinke und Susu sowie weitere einheimische Sprachen gesprochen. Insgesamt sind acht offizielle Sprachen anerkannt, sechs davon sind auch Unterrichtssprachen. Die in Waldguinea und auch in Liberia ansässigen Toma sowie die Mande verfügen über eigene Schriftsystem.

Gesundheit

Die Gesundheitsversorgung in Guinea wird über Gesundheitsstationen, Präfektoral-, Regional- und Zentralkrankenhäuser sichergestellt.[11][12]

Während der Ebola-Epidemie vom März 2014 bis zum April 2016 waren offiziell 3814 Personen in Guinea an Ebola erkrankt und 2544 daran verstorben.[13]

31% der Kinder unter 5 Jahren sind chronisch unterernährt, die Kindersterblichkeit betrug 123 je 1000 Geburten, die Müttersterblichkeit 724 auf 100.000 Geburten (2012). Bis 2016 gingen die Zahlen auf 88 von 1000 und 550 von 100.000 zurück.[14]

Malaria ist weiterhin die gefährlichste Krankheit: 40,82% der Arztbesuche und 36% der Sterbefälle in Krankenhäusern sind der Krankheit anzulasten. HIV-infiziert waren 2016 1,7% der Gesamtbevölkerung und 2,5% der Schwangeren.[15]

Nach Angaben von UNICEF waren zwischen 2010 und 2018 97 % der Frauen und 45 % der Mädchen an den Genitalien verstümmelt.[16] Das ist eine der höchsten statistisch erfassten Raten der Welt.

Entwicklung der Lebenserwartung in Guinea

Zeitraum Lebenserwartung in
Jahren
Zeitraum Lebenserwartung in
Jahren
1950–1955 33,1 1985–1990 47,9
1955–1960 34,3 1990–1995 51,3
1960–1965 35,4 1995–2000 51,6
1965–1970 36,1 2000–2005 51,3
1970–1975 37,4 2005–2010 55,5
1975–1980 39,9 2010–2015 57,9
1980–1985 43,1

Quelle: UN[17]

Geschichte

Vorkoloniale Periode

Zur Hochzeit des Gana-Reiches (900 europäischer Zeitrechnung) wanderten aus Nordosten die Mande nach Guinea ein. Deren Soussou-Zweig siedelte zuerst im Fouta Djallon, verdrängte eine pygmäische (Téminé und Loko) Urbevölkerung und wurden schließlich seinerseits um 1700 von den aus Nordwesten einwandernden Fulbe ins littorale Niederguinea abgedrängt. Durch die Ausdehnung des Mali-Reiches erfolgte die Besiedlung Oberguineas durch die Malinké.[18] 1726 entstand im Fouta Djallon, im heutigen Mittelguinea, die Fulbe-Theokratie. Sie endete 1905 mit der Deportation des letzten Königs von Labé, Alpha Yaya, nach Dahomey. Um 1850 begann Samory Touré den Versuch einer Rekonstituierung des Mali-Reiches und geriet dadurch schnell mit der über die Flüsse Senegal und Niger vordringenden Kolonialmacht Frankreich in Konflikt.

Kolonialzeit

Ab 1850 begannen systematische Kolonisierungsversuche durch Frankreich, die auf zum Teil heftigen Widerstand stießen, vor allem im heutigen Oberguinea unter der Führung von Samory Touré. Nachdem Deutschland 1885 seine Ansprüche auf Kapitaï und Koba nahe des heutigen Dubréka aufgegeben hatte, wurde das heutige Guinea 1892/93 als Teil Senegals eine eigenständige französische Kolonie, 1904 wurde es Französisch-Westafrika angegliedert. Nachdem in Waldguinea 1911 der letzte antikoloniale Widerstand besiegt wurde, erfolgte schnell die Integration Guinea als Pflanzerkolonie mit Plantagen für Kaffee, Bananen, Palmöl sowie für Sammelprodukte wie Kautschuk oder Gummi arabicum. Ab 1937 wurde auf den Los-Inseln Bauxit abgebaut und zur Weiterverarbeitung nach Frankreich verschifft. [19]

Spätestens ab diesem Zeitpunkt entwickelte sich ein antikoloniales Bewußtsein, durch die Rolle Vichy-Frankreichs während des zweiten Weltkrieges noch verstärkt. Nach dem 2. WeltKrieg erhielt dieses Bewußtsein neuen Auftrieb durch heimkehrende Soldaten und die zunehmende politische Organisation der Minen- und Hafenarbeiter in der Union générale des travailleurs d'Afrique noire (UGTAN). Ahmed Sékou Touré, ein Urenkel Samory Tourés, verband gewerkschaftlichen Kampf um mehr Arbeiterrechte mit politischen Forderungen nach besserer Repräsentation der Afrikaner in lokalen Mitbestimmungsgremien, die die französische Verfassung der IV. Republik vom Oktober 1946 vorsah. Da die gleiche Verfassung auch die Zulassung politischer Parteien in den Kolonien zuließ, gründete sich im gleichen Monat der Rassemblement Démocratique Africain (in Bamako). Nachdem Ahmed Sékou Touré als dessen guineischer Vertreter zuerst 1953 in die Territorialversammlung für Guinea und dann 1956 zum guineischen Abgeordneten in der französischen Nationalversammlung sowie Bürgermiester von Conakry gewählt wurde, war der Weg geebnet: Während des Verfassungsreferendums vom September 1958 über die Schaffung einer von Frankreich dominierten französischen Union als Grundlage der V. Republik stimmte Guinea als einzige französische Kolonie gegen den Vorschlag de Gaulles und erhielt am 2. Oktober 1958 seine Unabhängigkeit.

Literatur

  • 2016: Guinea: Masks, Music and Minerals, Bram Posthumus, 256 Seiten, HURST & CO, ISBN 978-1849044554 (Englisch)
  • 2017: Guinea Conakry: Democratic Governance, A History: Political Conflict and Ethnic Influences, Sekou Traore, 160 Seiten, CreateSpace Independent Publishing Platform, ISBN 978-1542476133 (Englisch)
  • 2017: Bibliografie Westafrika: Benin, Ghana, Guinea, Senegal & Togo, Claus Christian, 132 Seiten, Paegelow, Claus, ISBN 978-3000572616
  • 2020: The Day Guinea Rejected De Gaulle of France and Chose Independence, Lansiné Kaba, 166 Seiten, Diasporic Africa Press, ISBN 978-1937306724 (Englisch)

Weblinks

Quellen

  1. Sidiki Kobele Keita: Le P.D.G., Artisan de l'Independence Nationale en Guinée (1947 - 1958), Band 2 - La Prise du Pouvoir, Conakry, 1958, S. 151.
  2. Urban population (% of total) | Data. , abgerufen am 2021-01-29.
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 World Population Prospects 2019, Volume II: Demographic Profiles. United Nations, Department of Economic and Social Affairs, Population Division, abgerufen am 2021-01-24.
  4. Migration Report 2017. UN, abgerufen am 2018-09-30.
  5. Recensement Général de la Population et de l'Habitat 1996 (Heft "Migration en Guinée"), S.46
  6. Recensement Général de la Population et de l'Habitat 2014 (Heft "Migration et urbanisation"), S.55
  7. Institut National de la Statistique (INS): Annuaire Statistique 2019, https://www.stat-guinee.org/images/Documents/Publications/INS/annuelles/annuaire/Annuaire_INS_2019_opt.pdf, S. 230
  8. 8,0 8,1 Human Development Reports - Guinea
  9. Guineischer Studentenführer
  10. Recensement Général de la Population et de l'Habitat 2014 (Heft "Éducation"), S. 152
  11. Verzeichnis des guineischen Gesundheitsministeriums
  12. Institut National de la Statistique (INS): Annuaire Statistique 2019, https://www.stat-guinee.org/images/Documents/Publications/INS/annuelles/annuaire/Annuaire_INS_2019_opt.pdf, Conakry 2020, S. 122/123
  13. WHO -Guinea: Rapport Biennal 2016-2017 https://www.afro.who.int/sites/default/files/2018-12/Rapport%20biennal%202016-2017%20OMS%20Guin%C3%A9e.pdf, Conakry 2018, S. 5.
  14. WHO -Guinea: Rapport Biennal 2016-2017 https://www.afro.who.int/sites/default/files/2018-12/Rapport%20biennal%202016-2017%20OMS%20Guin%C3%A9e.pdf, Conakry 2018, S. 4.
  15. WHO -Guinea: Rapport Biennal 2016-2017 https://www.afro.who.int/sites/default/files/2018-12/Rapport%20biennal%202016-2017%20OMS%20Guin%C3%A9e.pdf, Conakry 2018, S. 4.
  16. The state of the world’s children 2019. , 2019-10, abgerufen am 2021-02-04. (Tabelle 11, S. 233).
  17. World Population Prospects – Population Division – United Nations. , abgerufen am 2021-02-04.
  18. Iffono, Aly Gilbert: Lexique Historique de la Guinée-Conakry, Paris 1992, S. 115
  19. Suret-Canale, Jean: La Guinée dans le système colonial, Présence Africaine, Nouvelle série, No. 29, GUINEE INDEPENDANTE! (Dezember 1959-Januar 1960), S. 9-44.