Tre Castagne
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Das Tre Castagne war ein Gebäudekomplex in Hamburg-Eppendorf. Es handelte sich um einen im Kern 1779 erbauten, einstöckigen Fachwerkbau mit Spitzdach und nachträglich angebauten Nebengebäuden, der nicht unter Denkmalschutz stand. Am 5. März 2015 wurde mit dem Abriss des Bauwerks am Eppendorfer Marktplatz begonnen. Zudem wurden am frühen Morgen des 6. März die namensgebenden davor befindlichen drei alten Kastanienbäume gefällt. Ein Investor, der Hamburger Fußballspieler Roberto Sciorilli (* 1978)[1] begann damit, das Gebäude an der Eppendorfer Landstraße 97, Ecke Martinistraße sowie die nebenliegenden Altbauten 99–101 und 103–109 abreißen zu lassen um stattdessen hochwertige Wohngebäude zu errichten. Die Bürgerinitiative Wir sind Eppendorf wehrte sich dagegen.
Geschichte
Der Kern des Hauses wurde im Jahre 1779 erbaut. Damit war es neben der Kirche St. Johannis das älteste Gebäude des Viertels.[2] Ursprünglich war es eine Droschkenstation, später eine Gaststätte.[3] Die zuletzt sichtbare Fassade trug die Aufschrift "Alt-Eppendorfer Brauhaus - Anno 1881". Auch als Altes Brauhaus bekannt, war es lange Jahre ein bekanntes Restaurant. Zuletzt war das italienische Restaurant Tre Castagne hier angesiedelt. Auch Prominente wie Otto Waalkes waren hier zu Gast.[3]
Das Bauvorhaben am Tre Castagne und den Nachbargebäuden ist seit mehreren Jahren Gegenstand der Diskussion im Bezirk Hamburg-Nord. Das Bezirksamt setzte auf eine Neubaulösung. Das Denkmalschutzamt stufte das Gebäude des Tre Castagne, auch aufgrund der nachträglichen Anbauten, als "erhaltenswert aber nicht denkmalwürdig" ein. Ein ursprünglich geplantes Neubau-Ensemble mit 35 Wohnungen war gescheitert. Der Investor Alstertreu Immobiliengesellschaft mbH konnte nicht alle Grundstücke erwerben. Damit sah es Anfang 2013 zunächst so aus, als könne das Gebäude erhalten bleiben.[4] Die Grundstücke wurden in der Folge an mehrere private Eigentümer verkauft. So hat die GWG Gesellschaft für Wohnungs- und Gewerbebau Baden-Württemberg die Grundstücke Eppendorfer Weg 103 bis 109 erworben und will dort 31 Ein- und Zweizimmerwohnungen errichten. Auch für das Nachbargrundstück 99-101 liegt eine positive Bauvoranfrage vor. Für das Tre Castagne selbst wurde diese am 1. Dezember 2013 positiv beantwortet. Die Einspruchsfrist gegen den Neubau - nicht gegen den Abriss der alten Gebäude[5] - lief Anfang Dezember 2014 ab. Ein rechtsverbindlicher Bauvorbescheid, der die Fällung der Bäume mit umfasste, wurde erteilt.
Abriss und Fällung
Anfang März 2015 konnten die Abrissgegner die schon angelaufene Fällung der Bäume verhindern.[6] Die Bezirksversammlung hatte beschlossen, dass diese nicht gefällt werden sollten, der Stellvertretende Bezirksamtsleiter bezeichnete diesen Beschluss als "rechtswidrig", setzte sich jedoch selbst gegen die Fällung ein, nachdem er von der Bürgerinitiative darum gebeten worden war. Nach Meinung der Initiative durften die Bäume nicht gefällt werden, bevor der Bauvorbescheid rechtskräftig war. Gegen den Abriss der Gebäude habe der Stellvertretende Bezirksamtsleiter laut eigener Aussage jedoch "keine Handhabe" gehabt, da sie in Privatbesitz gewesen seien.[5] Am 5. März 2015 wurde mit dem Abriss des Tre Castagne begonnen. Einige Bürger stellten sich zunächst gegen die Bagger und versuchten auch die Bäume zu schützen. Zunächst fehlte darüber hinaus ein tierökologisches Gutachten, das zehn Tage vor der Fällung vorliegen musste. Doch schon am frühen Morgen des 6. März wurden die Bäume gefällt. Das Bezirksamt rechtfertigte die Fällung dennoch damit, das Gutachten habe am Tag zuvor vorgelegen und keine gegen die Fällung sprechenden Ergebnisse gehabt.[7]
Kritik und Protest
Die Bürgerinitiative Wir sind Eppendorf kämpfte seit 2013 gegen das Bauvorhaben und sammelte mehr als 5.500 Unterschriften dagegen. Sie strebte ein Bürgerbegehren an. Auch ein alternativer Bauvorschlag wurde erarbeitet, bei dem das Tre Castagne und die Kastanienbäume erhalten blieben. Kritisiert wurde der Abriss des alten, stadtbildprägenden Gebäudes sowie der Bäume. Er wurde auch in den Rahmen der Gentrifizierung des Stadtteils gestellt.[3] Kritik rief auch die Entscheidung des Denkmalschutzamts hervor. Laut der Initiative sei diese "nicht nach wissenschaftlichen Standards erfolgt" und die Ergebnisse der Begehung 2011 in den Akten "nicht dokumentiert".[8]
Auch an den Neubauten wurde Kritik geübt, etwa die mögliche Zufahrt einer Tiefgarage nahe des Marktplatzes. Ebenso wurde befürchtet, dass durch tief unterkellerte Neubauten im weichen Eppendorfer Grund Schäden an Nachbargebäuden durch in die Baugrube einfließendes Grundwasser entstehen. Als Beispiel dafür wurden das Gebäude an der nahen Erikastraße 82 herangezogen, das durch einen nebenstehenden Neubau Risse bekommen habe.[8] Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) kritisierte die Fällung der Bäume und warf dem Bezirksamtsleiter Harald Rösler (SPD) vor, ein Baumgutachten aus dem Jahr 2009 einseitig auszulegen, um die Fällung zu beschleunigen.[9]
Vor, während und nach dem Abriss protestierten kleinere Gruppen von Demonstranten vor Ort. Dabei kam es wiederholt zu Polizeieinsätzen, als es es zu Diskussionen zwischen Bürgern kam. Für den 14. März 2014 wurde eine Versammlung angemeldet. Dabei wurde das Areal um das halb abgerissene Gebäude symbolisch zum "Gefahrengebiet gegen Geldgier" erklärt, in Anspielung auf die verschiedentlich ausgerufenen Gefahrengebiete der Hamburger Polizei.[10]
Weblinks
- Webseite der Initiative Wir sind Eppendorf
- Webseite der Bürgerinitiative Wir sind Eppendorf
- Wir sind Eppendorf bei Facebook
Quellen
- ↑ Anwohner wollen Abriss von Tre Castagne aufhalten | Abendblatt.de
- ↑ Eppendorfer Initiative protestiert jeden Sonnabend | Abendblatt.de
- ↑ 3,0 3,1 3,2 Eppen ohne Dorf | Zeit.de
- ↑ Tre Castagne bleibt | Hamburger-wochenblatt.de
- ↑ 5,0 5,1 Wenn Kastanien mehr sind als Bäume | Ndr.de
- ↑ Initiative verscheucht Baumfäller bei den "Tre Castagne" | Abendblatt.de
- ↑ Kastanien am "Tre Castagne" im Morgengrauen gefällt | Abendblatt.de
- ↑ 8,0 8,1 Wir sind Eppendorf | Facebook.com
- ↑ Erst Schwamm, nun Motte | Taz.de
- ↑ Areal ums Tre Castagne wird zum "Gefahrengebiet" erklärt | Abendblatt.de