Jens Spahn: Unterschied zwischen den Versionen
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'''Jens Georg Spahn''' (* 16. Mai 1980 in Ahaus in [[Nordrhein-Westfalen]]) ist ein [[Deutschland|deutscher]] Politiker der Christlich Demokratischen Union Deutschlands (CDU). Seit 2002 ist er Mitglied des Bundestages. Von 2015 bis 2018 war er parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfinanzministerium und von 2018 bis 2021 Bundesminister für Gesundheit im Kabinett von [[Angela Merkel]]. Seit Januar 2021 ist Spahn einer der stellvertretenden CDU-Vorsitzenden. | '''Jens Georg Spahn''' (* 16. Mai 1980 in Ahaus in [[Nordrhein-Westfalen]]) ist ein [[Deutschland|deutscher]] Politiker der [[Christlich Demokratische Union Deutschlands|Christlich Demokratischen Union Deutschlands]] (CDU). Seit 2002 ist er Mitglied des Bundestages. Von 2015 bis 2018 war er parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfinanzministerium und von 2018 bis 2021 Bundesminister für Gesundheit im Kabinett von [[Angela Merkel]]. Seit Januar 2021 ist Spahn einer der stellvertretenden CDU-Vorsitzenden. | ||
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Am 22. September 2002 wurde Jens Spahn zum ersten Mal als Abgeordneter des Wahlkreises Steinfurt I / Borken I in den Deutschen Bundestag gewählt. 2012 wurde er Mitglied des Bundesvorstandes der CDU gewählt.<ref name="vita"/> Ebenfalls 2012 wurde Spahn von Friends of Europe, einer [[Europa|europäischen]] „Denkfabrik, in der Lobbyisten und Vertreter der EU-Institutionen zusammenarbeiten“<ref>[https://lobbypedia.de/wiki/Friends_of_Europe Friends of Europe – Lobbypedia] (abgerufen am 11. Januar 2022)</ref> unter die „40under40 – European Young Leaders“ gewählt.<ref>[https://web.archive.org/web/20180901122741/40under40.eu/?page_id=66 40UNDER40 – EUROPEAN YOUNG LEADERS » 2012] @ [[Wayback Machine]]</ref> 2014 wurde er in das Präsidium der CDU gewählt. Von Juli 2015 bis März 2018 war er Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen, Wolfgang Schäuble (1942–2023).<ref name="vita"/> Im Juni 2017 war Spahn Teilnehmer der 63. Bilderberg-Konferenz in Chantilly im [[US-Bundesstaat]] Virginia.<ref>[https://web.archive.org/web/20180115132819/http://faktenfinder.tagesschau.de/ausland/bilderberg-103.html Bilderberg-Konferenz: Der Mythos von der geheimen Weltregierung | faktenfinder.tagesschau.de, 04.06.2017] @ [[Wayback Machine]]</ref> | Am 22. September 2002 wurde Jens Spahn zum ersten Mal als Abgeordneter des Wahlkreises Steinfurt I / Borken I in den Deutschen Bundestag gewählt. 2012 wurde er Mitglied des Bundesvorstandes der CDU gewählt.<ref name="vita"/> Ebenfalls 2012 wurde Spahn von Friends of Europe, einer [[Europa|europäischen]] „Denkfabrik, in der Lobbyisten und Vertreter der EU-Institutionen zusammenarbeiten“<ref>[https://lobbypedia.de/wiki/Friends_of_Europe Friends of Europe – Lobbypedia] (abgerufen am 11. Januar 2022)</ref> unter die „40under40 – European Young Leaders“ gewählt.<ref>[https://web.archive.org/web/20180901122741/40under40.eu/?page_id=66 40UNDER40 – EUROPEAN YOUNG LEADERS » 2012] @ [[Wayback Machine]]</ref> 2014 wurde er in das Präsidium der CDU gewählt. Von Juli 2015 bis März 2018 war er Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen, Wolfgang Schäuble (1942–2023).<ref name="vita"/> Im Juni 2017 war Spahn Teilnehmer der 63. Bilderberg-Konferenz in Chantilly im [[US-Bundesstaat]] Virginia.<ref>[https://web.archive.org/web/20180115132819/http://faktenfinder.tagesschau.de/ausland/bilderberg-103.html Bilderberg-Konferenz: Der Mythos von der geheimen Weltregierung | faktenfinder.tagesschau.de, 04.06.2017] @ [[Wayback Machine]]</ref> | ||
Am 14. März 2018 wurde Spahn als Bundesminister für Gesundheit im Kabinett von Angela Merkel vereidigt.<ref name="vita"/> Am 17. September 2018 veröffentlichte der Politikwissenschaftler und Chefredakteur Michael Bröcker sein Buch ''Jens Spahn: Die Biografie'' im Verlag Herder. Durch die sich Ende 2019/Anfang 2020 weltweit verbreitende [[COVID-19]]-Pandemie gelang Spahn als Bundesminister für Gesundheit in seiner restlichen Amtszeit als Bundesminister für Gesundheit in den Fokus der Öffentlichkeit. Im Januar 2021 wurde Jens Spahn einer der stellvertretenden Parteivorsitzenden der CDU Deutschlands.<ref name="vita"/> Bei der Bundestagswahl am 26. September 2021 erreichte das Bündnis aus CDU und CSU mit 24,1 % sein schlechtestes Wahlergebnis in der Geschichte und kam danach nicht in die Regierungsverantwortung. Am 13. Dezember 2021 wählte die CDU/CSU-Bundestagsfraktion Jens Spahn zu einem ihrer stellvertretenden Vorsitzenden. In dieser Funktion ist er für die Themen Wirtschaft, Klima, Energie, Mittelstand und Tourismus zuständig. Spahn ist Vorsitzender der deutsch-niederländischen Parlamentariergruppe.<ref name="vita"/> Am 29. März 2022 wurde Spahn als „Energieexperte“ der CDU/CSU-Bundestagsfraktion beim Fernsehsender Phoenix vorgestellt und gab in dieser Funktion eine Einschätzung zur Gas-Drohung aus [[Russland]] ab. Russlands Präsident [[Wladimir Putin]] drohte während seines Angriffskrieges auf die [[Ukraine]] damit, Gas u. a. nach Deutschland nur noch gegen Rubel auszuliefern.<ref>[https://www.derwesten.de/politik/jens-spahn-cdu-gesundheitsminister-bundestag-hart-aber-fair-ard-phoenix-energieexperte-id234952241.html Jens Spahn hat plötzlich neuen Job – Wähler reiben sich die Augen - derwesten.de, 30.03.2022]</ref><ref>[https://twitter.com/phoenix_de/status/1508813078384807941 phoenix auf Twitter: ".@jensspahn, Energieexperte der @cducsubt, 29. März 2022]</ref> | Am 14. März 2018 wurde Spahn als Bundesminister für Gesundheit im Kabinett von Angela Merkel vereidigt.<ref name="vita"/> Am 17. September 2018 veröffentlichte der Politikwissenschaftler und Chefredakteur Michael Bröcker sein Buch ''Jens Spahn: Die Biografie'' im Verlag Herder. Durch die sich Ende 2019/Anfang 2020 weltweit verbreitende [[COVID-19]]-Pandemie gelang Spahn als Bundesminister für Gesundheit in seiner restlichen Amtszeit als Bundesminister für Gesundheit in den Fokus der Öffentlichkeit. Im Januar 2021 wurde Jens Spahn einer der stellvertretenden Parteivorsitzenden der CDU Deutschlands.<ref name="vita"/> Bei der Bundestagswahl am 26. September 2021 erreichte das Bündnis aus CDU und [[Christlich-Soziale Union in Bayern|CSU]] mit 24,1 % sein schlechtestes Wahlergebnis in der Geschichte und kam danach nicht in die Regierungsverantwortung. Am 13. Dezember 2021 wählte die CDU/CSU-Bundestagsfraktion Jens Spahn zu einem ihrer stellvertretenden Vorsitzenden. In dieser Funktion ist er für die Themen Wirtschaft, Klima, Energie, Mittelstand und Tourismus zuständig. Spahn ist Vorsitzender der deutsch-niederländischen Parlamentariergruppe.<ref name="vita"/> Am 29. März 2022 wurde Spahn als „Energieexperte“ der CDU/CSU-Bundestagsfraktion beim Fernsehsender Phoenix vorgestellt und gab in dieser Funktion eine Einschätzung zur Gas-Drohung aus [[Russland]] ab. Russlands Präsident [[Wladimir Putin]] drohte während seines Angriffskrieges auf die [[Ukraine]] damit, Gas u. a. nach Deutschland nur noch gegen Rubel auszuliefern.<ref>[https://www.derwesten.de/politik/jens-spahn-cdu-gesundheitsminister-bundestag-hart-aber-fair-ard-phoenix-energieexperte-id234952241.html Jens Spahn hat plötzlich neuen Job – Wähler reiben sich die Augen - derwesten.de, 30.03.2022]</ref><ref>[https://twitter.com/phoenix_de/status/1508813078384807941 phoenix auf Twitter: ".@jensspahn, Energieexperte der @cducsubt, 29. März 2022]</ref> | ||
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Bis April 2020 herrschte über Wochen ein erheblicher Mangel an Schutzausrüstung wie Atemschutzmasken, Brillen, Handschuhen oder Kitteln in Krankenhäusern, Arztpraxen und Pflegeeinrichtungen. So konnte sich der Coronavirus darüber schneller verbreiten.<ref>[https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/masken-arztpraxen-101.html Coronavirus: Maskenmangel in deutschen Arztpraxen | tagesschau.de, 30.03.2020]</ref><ref>[https://www.diakonie.de/pressemeldungen/applaus-reicht-nicht-pflegende-brauchen-endlich-genuegend-schutzkleidung Applaus reicht nicht - Pflegende brauchen endlich genügend Schutzkleidung - Infoportal - Diakonie Deutschland, 2. April 2020]</ref> | Bis April 2020 herrschte über Wochen ein erheblicher Mangel an Schutzausrüstung wie Atemschutzmasken, Brillen, Handschuhen oder Kitteln in Krankenhäusern, Arztpraxen und Pflegeeinrichtungen. So konnte sich der Coronavirus darüber schneller verbreiten.<ref>[https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/masken-arztpraxen-101.html Coronavirus: Maskenmangel in deutschen Arztpraxen | tagesschau.de, 30.03.2020]</ref><ref>[https://www.diakonie.de/pressemeldungen/applaus-reicht-nicht-pflegende-brauchen-endlich-genuegend-schutzkleidung Applaus reicht nicht - Pflegende brauchen endlich genügend Schutzkleidung - Infoportal - Diakonie Deutschland, 2. April 2020]</ref> | ||
Für die kritischen Anfangsmonate der Pandemie von März bis Mai 2020 hatten die Länder und Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) einen Bedarf von mindestens 75 Millionen sogenannter Partikelfiltrierenden Halbmasken (PfH) angemeldet. Spahns Behörde bestellte über unterschiedlichste Kanäle mehr als eine Milliarde Masken, die meisten davon stammten aus [[Volksrepublik China|China]] und entsprachen nicht dem europäischen CE-Standard. Die Masken wurden ab April 2020 mit einem stark vereinfachten Verfahren getestet und Produkten einen ausreichenden Infektionsschutz bescheinigt, die sich später als untauglich erwiesen. Die [[Europäische Union]] (EU) verfügte schon zu Beginn der Pandemie, dass im Schnellverfahren geprüfte Masken und andere Schutzausrüstung, nur in einer Mangelsituation und dann auch nur an Menschen abgegeben werden dürfen, die direkt an der Pandemiebekämpfung beteiligt waren, wie etwa medizinische Fachkräfte. Spätestens ab September 2020 waren nach den regulären EU-Vorgaben zertifizierte Masken ausreichend verfügbar, doch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) plante zum Jahreswechsel, mindestens 65 Millionen der überschüssigen Partikelfiltrierenden Halbmasken an besonders vulnerable Gruppen zu verteilen: Menschen mit Behinderung, Wohnungslose oder Asylbewerber. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) verhinderte jedoch die Verteilung.<ref>[https://www.aerzteblatt.de/archiv/220230/Pandemie-Das-unendliche-Maskendrama Pandemie: Das unendliche Maskendrama, Dtsch Arztebl 2021; 118(27-28): A-1348 / B-1116]</ref> Auch bei FFP2-Schutzmasken gab es Probleme. Anfang November 2020 kündigte Spahn an, bundesweit 290 Millionen Masken an Pflegeheime und ambulante Dienste verteilen zu wollen. Die Einrichtungen sollen demnach jeweils 1000 hochwertige FFP2-Masken und 2000 einfache OP-Masken erhalten. Im Dezember 2020 warnte die Arbeiterwohlfahrt vor den 30.000 FFP2-Schutzmasken, die in den knapp 60 Pflegeeinrichtungen angekommen waren. Diese waren laut Arbeiterwohlfahrt in [[Nordrhein-Westfalen]] absolut ungeeignet. Sie seien mit dem Hinweis „Non-Medical“ versehen und damit nicht für den Einsatz im medizinischen Bereich nutzbar. Bei einigen fehlten zudem Angaben, wie das Haltbarkeitsdatum oder der Verwendungsbereich.<ref>[https://www.welt.de/regionales/nrw/article222524364/FFP2-Awo-warnt-vor-untauglichen-Schutzmasken-der-Bundesregierung.html FFP2: Awo warnt vor „untauglichen“ Schutzmasken der Bundesregierung - WELT, 15.12.2020]</ref> | Für die kritischen Anfangsmonate der Pandemie von März bis Mai 2020 hatten die Länder und Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) einen Bedarf von mindestens 75 Millionen sogenannter Partikelfiltrierenden Halbmasken (PfH) angemeldet. Spahns Behörde bestellte über unterschiedlichste Kanäle mehr als eine Milliarde Masken, die meisten davon stammten aus [[Volksrepublik China|China]] und entsprachen nicht dem europäischen CE-Standard. Die Masken wurden ab April 2020 mit einem stark vereinfachten Verfahren getestet und Produkten einen ausreichenden Infektionsschutz bescheinigt, die sich später als untauglich erwiesen. Die [[Europäische Union]] (EU) verfügte schon zu Beginn der Pandemie, dass im Schnellverfahren geprüfte Masken und andere Schutzausrüstung, nur in einer Mangelsituation und dann auch nur an Menschen abgegeben werden dürfen, die direkt an der Pandemiebekämpfung beteiligt waren, wie etwa medizinische Fachkräfte. Spätestens ab September 2020 waren nach den regulären EU-Vorgaben zertifizierte Masken ausreichend verfügbar, doch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) plante zum Jahreswechsel, mindestens 65 Millionen der überschüssigen Partikelfiltrierenden Halbmasken an besonders vulnerable Gruppen zu verteilen: Menschen mit Behinderung, Wohnungslose oder Asylbewerber. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil ([[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]]) verhinderte jedoch die Verteilung.<ref>[https://www.aerzteblatt.de/archiv/220230/Pandemie-Das-unendliche-Maskendrama Pandemie: Das unendliche Maskendrama, Dtsch Arztebl 2021; 118(27-28): A-1348 / B-1116]</ref> Auch bei FFP2-Schutzmasken gab es Probleme. Anfang November 2020 kündigte Spahn an, bundesweit 290 Millionen Masken an Pflegeheime und ambulante Dienste verteilen zu wollen. Die Einrichtungen sollen demnach jeweils 1000 hochwertige FFP2-Masken und 2000 einfache OP-Masken erhalten. Im Dezember 2020 warnte die Arbeiterwohlfahrt vor den 30.000 FFP2-Schutzmasken, die in den knapp 60 Pflegeeinrichtungen angekommen waren. Diese waren laut Arbeiterwohlfahrt in [[Nordrhein-Westfalen]] absolut ungeeignet. Sie seien mit dem Hinweis „Non-Medical“ versehen und damit nicht für den Einsatz im medizinischen Bereich nutzbar. Bei einigen fehlten zudem Angaben, wie das Haltbarkeitsdatum oder der Verwendungsbereich.<ref>[https://www.welt.de/regionales/nrw/article222524364/FFP2-Awo-warnt-vor-untauglichen-Schutzmasken-der-Bundesregierung.html FFP2: Awo warnt vor „untauglichen“ Schutzmasken der Bundesregierung - WELT, 15.12.2020]</ref> | ||
Der Bundesrechnungshof (BRH) warf dem Gesundheitsministerium überhöhte Erstattungspreise bei der Massenverteilung von Corona-Schutzmasken zugunsten der Apotheken im Winter sowie fehlende Prüfung alternativer Vertriebswege vor. Auch bei Ausgleichszahlungen für Krankenhäuser habe es eine massive Überkompensation aus Steuermitteln gegeben. Die Ausgleichszahlungen des Bundes hätten demnach allein im Jahr 2020 10,2 Milliarden Euro betragen.<ref>[https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/bundesrechnungshof-corona-107.html Kritik vom Bundesrechnungshof: Spahn verteidigt teure Maskenverteilung | tagesschau.de, 10.06.2021]</ref> In der sogenannten Maskenaffäre haben sich mehrere Politiker der Parteien CDU und CSU 2020 und 2021 mutmaßlich Vorteile verschafft. Mehrere Abgeordnete vermittelten Maskengeschäfte an Landes- und Bundesministerien – und kassierten dafür Provisionen, die sich auf 11,5 Millionen Euro belaufen sollen. Die Maskenaffäre hatte für sie alle juristische, politische und finanzielle Konsequenzen.<ref>[https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/pandemie-profiteure-millionen-aus-der-maskenaffaere-das-haben-die-unions-politiker-mit-ihren-corona-provisionen-gemacht/27200534.html Handelsblatt - Maskenaffäre der Union: Was ist mit den Millionen passiert?, 19.05.2021]</ref> | Der Bundesrechnungshof (BRH) warf dem Gesundheitsministerium überhöhte Erstattungspreise bei der Massenverteilung von Corona-Schutzmasken zugunsten der Apotheken im Winter sowie fehlende Prüfung alternativer Vertriebswege vor. Auch bei Ausgleichszahlungen für Krankenhäuser habe es eine massive Überkompensation aus Steuermitteln gegeben. Die Ausgleichszahlungen des Bundes hätten demnach allein im Jahr 2020 10,2 Milliarden Euro betragen.<ref>[https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/bundesrechnungshof-corona-107.html Kritik vom Bundesrechnungshof: Spahn verteidigt teure Maskenverteilung | tagesschau.de, 10.06.2021]</ref> In der sogenannten Maskenaffäre haben sich mehrere Politiker der Parteien CDU und CSU 2020 und 2021 mutmaßlich Vorteile verschafft. Mehrere Abgeordnete vermittelten Maskengeschäfte an Landes- und Bundesministerien – und kassierten dafür Provisionen, die sich auf 11,5 Millionen Euro belaufen sollen. Die Maskenaffäre hatte für sie alle juristische, politische und finanzielle Konsequenzen.<ref>[https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/pandemie-profiteure-millionen-aus-der-maskenaffaere-das-haben-die-unions-politiker-mit-ihren-corona-provisionen-gemacht/27200534.html Handelsblatt - Maskenaffäre der Union: Was ist mit den Millionen passiert?, 19.05.2021]</ref> | ||
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Anfang 2023 wurde darüber berichtet, dass Recherchen von [[Westdeutscher Rundfunk Köln|WDR]], [[Norddeutscher Rundfunk|NDR]] und Süddeutsche Zeitung ergeben haben, dass vom Bund und Krankenkassen bis dahin mit mehr als 6 Milliarden Euro für PCR-Test deutlich zuviel bezahlt worden ist. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) schlug zu Beginn der Pandemie vor, die Kosten für einen PCR-Test auf 59 Euro festzulegen. Damit orientierten sie sich an den Kosten für einen vergleichsweise seltenen Hepatitis-Test, statt an den Kosten für andere PCR-Tests für 19,90 Euro. Diese vorgeschlagenen Kosten übernahm der Bund. Erst im Mai 2020 drängten die Krankenkassen darauf, die Preise zu senken. Die Ärzteseite blieb bei ihrem Preis, ohne Belege für die Kosten vorzulegen. Weil sich beide Seiten nicht einigen konnten, entschied der unparteiische Vorsitzende des Erweiterten Bewertungsausschusses, dass die Kassen ab 1. Juli 2020 für den PCR-Test 39,40 Euro an die Labore zahlen müssen - immer noch doppelt so viel wie für vergleichbare andere PCR-Labortests. Das Gesundheitsministerium vergütete auch dann noch für neun Monate jeden PCR-Test mit 50,50 Euro. Bis Juli 2022 zahlten die Krankenkassen 35 Euro für einen Test, das Ministerium 43,56 Euro. Zu dieser Zeit konnten die Labore bei der Firma Biozol einen zertifizierten Test für drei Euro einkaufen, bei Euroimmun für sechs Euro und bei altona Diagnostics für sieben Euro. Nach einigen Preissenkungsrunden kassierten die Labore Anfang 2023 für jeden PCR-Test immer noch 27,30 Euro von den Kassen und 32,39 Euro vom Bund. Michael Müller, Chef des Labor-Lobbyverbandes ALM behauptete noch im Mai 2022, die Preise für PCR-Tests seien hierzulande im europäischen Vergleich am „unteren Rand“. Ein Berliner Unternehmer bot dem Bund Anfang 2021 vergeblich einen PCR-Test für 15 Euro an. Der Laborkonzern Sonic Healthcare konnte seinen Gewinn in einem Jahr von 82 auf 274 Millionen Euro steigern.<ref>[https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/pcr-tests-111.html Corona-PCR-Tests: Hinweise auf mögliche Milliardenverschwendung | tagesschau.de, 08.01.2023]</ref> Mitte 2020 reichte die KBV beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Klage gegen die drastische Absenkung der Vergütung der PCR-Tests für SARS-CoV-2 ein.<ref>[https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/sw/KBV?s=&p=1&n=1&nid=114102 Deutsches Ärzteblatt | KBV reicht Klage gegen Abwertung der PCR-Tests ein, 24. Juni 2020]</ref> | Anfang 2023 wurde darüber berichtet, dass Recherchen von [[Westdeutscher Rundfunk Köln|WDR]], [[Norddeutscher Rundfunk|NDR]] und Süddeutsche Zeitung ergeben haben, dass vom Bund und Krankenkassen bis dahin mit mehr als 6 Milliarden Euro für PCR-Test deutlich zuviel bezahlt worden ist. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) schlug zu Beginn der Pandemie vor, die Kosten für einen PCR-Test auf 59 Euro festzulegen. Damit orientierten sie sich an den Kosten für einen vergleichsweise seltenen Hepatitis-Test, statt an den Kosten für andere PCR-Tests für 19,90 Euro. Diese vorgeschlagenen Kosten übernahm der Bund. Erst im Mai 2020 drängten die Krankenkassen darauf, die Preise zu senken. Die Ärzteseite blieb bei ihrem Preis, ohne Belege für die Kosten vorzulegen. Weil sich beide Seiten nicht einigen konnten, entschied der unparteiische Vorsitzende des Erweiterten Bewertungsausschusses, dass die Kassen ab 1. Juli 2020 für den PCR-Test 39,40 Euro an die Labore zahlen müssen - immer noch doppelt so viel wie für vergleichbare andere PCR-Labortests. Das Gesundheitsministerium vergütete auch dann noch für neun Monate jeden PCR-Test mit 50,50 Euro. Bis Juli 2022 zahlten die Krankenkassen 35 Euro für einen Test, das Ministerium 43,56 Euro. Zu dieser Zeit konnten die Labore bei der Firma Biozol einen zertifizierten Test für drei Euro einkaufen, bei Euroimmun für sechs Euro und bei altona Diagnostics für sieben Euro. Nach einigen Preissenkungsrunden kassierten die Labore Anfang 2023 für jeden PCR-Test immer noch 27,30 Euro von den Kassen und 32,39 Euro vom Bund. Michael Müller, Chef des Labor-Lobbyverbandes ALM behauptete noch im Mai 2022, die Preise für PCR-Tests seien hierzulande im europäischen Vergleich am „unteren Rand“. Ein Berliner Unternehmer bot dem Bund Anfang 2021 vergeblich einen PCR-Test für 15 Euro an. Der Laborkonzern Sonic Healthcare konnte seinen Gewinn in einem Jahr von 82 auf 274 Millionen Euro steigern.<ref>[https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/pcr-tests-111.html Corona-PCR-Tests: Hinweise auf mögliche Milliardenverschwendung | tagesschau.de, 08.01.2023]</ref> Mitte 2020 reichte die KBV beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Klage gegen die drastische Absenkung der Vergütung der PCR-Tests für SARS-CoV-2 ein.<ref>[https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/sw/KBV?s=&p=1&n=1&nid=114102 Deutsches Ärzteblatt | KBV reicht Klage gegen Abwertung der PCR-Tests ein, 24. Juni 2020]</ref> | ||
Am 21. Juni 2024 steckte das Gesundheitsministerium vor dem Oberlandesgericht (OLG) Köln eine empfindliche Niederlage in einem Rechtsstreit um die Bezahlung von Corona-Schutzmasken ein. Das Gericht erklärte eine Klausel im von Spahn gestarteten Open-House-Verfahren für ungültig. Das Verfahren garantierte allen Unternehmern 4,50 Euro für jede FFP2-Maske, die bis 30. April 2020 angeliefert wird. Das Gesundheitsministerium erklärte bei späterer Lieferung aber das Geschäft für ungültig und müsse die Lieferungen nicht bezahlen. Das OLG sieht die Lieferanten darin unverhältnismäßig benachteiligt, das Gesundheitsministerium hätte eine Nachfrist setzen müssen. Das Urteil könnte Signalwirkungen für alle Lieferanten haben. Im Oktober 2023 bezifferte das Gesundheitsministerium den Streitwert gegenüber dem Bundestag auf 988 Millionen Euro. Nach Informationen von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung liegt der Streitwert im Juni 2024 aber bei 2,3 Milliarden Euro. Hanno Kautz, der Sprecher von Gesundheitsministers [[Karl Lauterbach]], bestätigte die Zahl auf Anfrage. Das OLG lässt eine Revision nicht zu. Mindestens eine weitere Klage steht um die Bezahlung von Corona-Schutzmasken noch an.<ref>[https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/corona-pandemie-masken-bundesregierung-100.html Bund drohen Milliarden-Zahlungen im Streit um Corona-Masken-Geschäfte | tagesschau.de, 21.06.2024]</ref> | |||
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