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Arzthaftungsrecht: Unterschied zwischen den Versionen

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Arzthaftung beschreibt die zivilrechtliche Verantwortung eines Arztes gegenüber seinem Patienten im Rahmen der Verletzung der ärztlichen Sorgfaltspflichten.
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Grundgedanke dieser Thematik ist, dass wenn ein Arzt einen Patienten behandelt, ein Behandlungsvertrag zustande kommt. Ableitend aus diesem Vertrag schuldet der Arzt die Einhaltung der Sorgfaltspflicht gegenüber dem Patienten.<ref> Arzthaftung: [https://www.juraforum.de/ratgeber/arztrecht/verletzung-aerztlicher-sorgfaltspflichten-arzthaftung Verletzung ärztlicher Sorgfaltspflichten | JuraForum.de] Abgerufen am 4. Mai 2021.</ref> Aufgrund dieses Vertrages muss der Arzt nicht etwa einen bestimmten Erfolg vorweisen, zum Beispiel die Heilung des Patienten, sondern fachgerechte Bemühungen mit dem Ziel der Heilung oder Linderung von Beschwerden. Verstößt er gegen die Sorgfaltspflichten, hat der Patient Anspruch auf Schadensersatz. Ausweiten lässt sich diese Haftung auch auf unerlaubte Handlung gemäß [https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__823.html §823 BGB]. Ärztliche Pflichten sind dabei sehr vielfältig und zahlreich. Wesentlich lassen sie sich in Behandlungsfehler, Aufklärungsversäumnisse, Dokumentationsfehler und sonstige Pflichtverstöße aufteilen.<ref>[https://www.tauer-rechtsanwaelte.de/rechtsgebiete/arzthaftungsrecht/ Arzthaftung bei Behandlungsfehlern.] In: Dr. Höll + Tauer Rechtsanwälte. Abgerufen am 5. Mai 2021.</ref>
Das '''Arzthaftungsrecht''' in [[Deutschland]] beschreibt die zivilrechtliche Verantwortung eines Arztes gegenüber seinem Patienten im Rahmen der Verletzung der ärztlichen Sorgfaltspflichten.
 
Grundgedanke dieser Thematik ist, dass wenn ein Arzt einen Patienten behandelt, ein Behandlungsvertrag zustande kommt. Ableitend aus diesem Vertrag schuldet der Arzt die Einhaltung der Sorgfaltspflicht gegenüber dem Patienten.<ref> Arzthaftung: [https://www.juraforum.de/ratgeber/arztrecht/verletzung-aerztlicher-sorgfaltspflichten-arzthaftung Verletzung ärztlicher Sorgfaltspflichten | JuraForum.de] Abgerufen am 4. Mai 2021.</ref> Aufgrund dieses Vertrages muss der Arzt nicht etwa einen bestimmten Erfolg vorweisen, zum Beispiel die Heilung des Patienten, sondern fachgerechte Bemühungen mit dem Ziel der Heilung oder Linderung von Beschwerden. Verstößt er gegen die Sorgfaltspflichten, hat der Patient Anspruch auf Schadensersatz. Ausweiten lässt sich diese Haftung auch auf unerlaubte Handlung gemäß [https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__823.html §823 BGB]. Ärztliche Pflichten sind dabei sehr vielfältig und zahlreich. Wesentlich lassen sie sich in Behandlungsfehler, Aufklärungsversäumnisse, Dokumentationsfehler und sonstige Pflichtverstöße aufteilen.<ref>[https://www.tauer-rechtsanwaelte.de/rechtsgebiete/arzthaftungsrecht/ Arzthaftung bei Behandlungsfehlern.] In: Dr. Höll + Tauer Rechtsanwälte. Abgerufen am 5. Mai 2021.</ref>


== Behandlungsfehler ==
== Behandlungsfehler ==
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== Aufklärungsfehler ==
== Aufklärungsfehler ==
Neben den Behandlungsfehlern können auch Aufklärungsfehler geschehen. Diesen geht der Grundgedanke voraus, dass jeder ärztliche Eingriff in innere Lebensvorgänge und die Verletzung der körperlichen Integrität des Patienten den Tatbestand der Körperverletzung in zivil- und strafrechtlichem Sinne ([https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__223.html §223 StGB]) darstellt. Diese ist daher nur mit Zustimmung des Patienten gestattet ([https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__228.html §228 StGB]).
Neben den Behandlungsfehlern können auch Aufklärungsfehler geschehen. Diesen geht der Grundgedanke voraus, dass jeder ärztliche Eingriff in innere Lebensvorgänge und die Verletzung der körperlichen Integrität des Patienten den Tatbestand der Körperverletzung in zivil- und strafrechtlichem Sinne ([https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__223.html §223 StGB]) darstellt. Diese ist daher nur mit Zustimmung des Patienten gestattet ([https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__228.html §228 StGB]). Eine Zustimmung setzt hierbei voraus, dass der Patient vollumfänglich und rechtzeitig über die beabsichtigten Maßnahmen, deren Erfolgsaussichten sowie mögliche negative Folgen der Behandlung informiert wird. Die Aufklärungspflicht entfällt dabei jedoch beispielsweise bei einer Notoperation eines Bewusstlosen Patienten. Bei geplanten Eingriffen wie beispielsweise einer Schönheitsoperation muss die Belehrung jedoch besonders ausführlich erfolgen. Wichtig ist hierbei zudem, dass der Arzt dem Patienten Laienkenntnisse des Eingriffes vermitteln muss, damit dieser zu einer besseren Einschätzung kommen kann. Die Aufklärung wird weiterhin oftmals schriftlich festgehalten.
Eine Zustimmung setzt hierbei voraus, dass der Patient vollumfänglich und rechtzeitig über die beabsichtigten Maßnahmen, deren Erfolgsaussichten sowie mögliche negative Folgen der Behandlung informiert wird. Die Aufklärungspflicht entfällt dabei jedoch beispielsweise bei einer Notoperation eines Bewusstlosen Patienten. Bei geplanten Eingriffen wie beispielsweise einer Schönheitsoperation muss die Belehrung jedoch besonders ausführlich erfolgen. Wichtig ist hierbei zudem, dass der Arzt dem Patienten Laienkenntnisse des Eingriffes vermitteln muss, damit dieser zu einer besseren Einschätzung kommen kann. Die Aufklärung wird weiterhin oftmals schriftlich festgehalten.


== Dokumentationsfehler ==
== Dokumentationsfehler ==
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== Durchsetzung von Ansprüchen ==
== Durchsetzung von Ansprüchen ==
Die Durchsetzung von möglichen Ansprüchen eines Patienten gegenüber seinem Arzt erfolgt in den allermeisten Fällen durch Verhandlungen zwischen einem Rechtsvertreter des Patienten und dem Haftpflichtversicherer des Arztes.<ref>[https://www.patientenberatung.de/de/recht/behandlungsfehler/durchsetzung-von-schadensersatzanspruechen So mache ich Schadensersatz geltend] In: Unabhängige Patientenberatung Deutschland. Abgerufen am 05. Mai 2021.</ref> Bei einer Ablehnung der Ansprüche bleibt dem Patienten die Möglichkeit, diese in einem kostenfreien Verfahren bei der zuständigen Landesärztekammer oder Landeszahnärztekammer klären zu lassen. Voraussetzung hierfür ist, dass der Arzt jenem Schlichtungsverfahren zustimmt. Abseits dessen bleibt dem Patienten die Möglichkeit einer Zivilklage. Für das Arzthaftungsrecht haben viele landgereichte Spezialkammern gebildet, welche sich ausschließlich mit jenen Prozessen befassen. Landgerichte sind hierbei ab einem Streitwert von 5000 Euro zuständig.
Die Durchsetzung von möglichen Ansprüchen eines Patienten gegenüber seinem Arzt erfolgt in den allermeisten Fällen durch Verhandlungen zwischen einem Rechtsvertreter des Patienten und dem Haftpflichtversicherer des Arztes.<ref>[https://www.patientenberatung.de/de/recht/behandlungsfehler/durchsetzung-von-schadensersatzanspruechen So mache ich Schadensersatz geltend] In: Unabhängige Patientenberatung Deutschland. Abgerufen am 5. Mai 2021.</ref> Bei einer Ablehnung der Ansprüche bleibt dem Patienten die Möglichkeit, diese in einem kostenfreien Verfahren bei der zuständigen Landesärztekammer oder Landeszahnärztekammer klären zu lassen. Voraussetzung hierfür ist, dass der Arzt jenem Schlichtungsverfahren zustimmt. Abseits dessen bleibt dem Patienten die Möglichkeit einer Zivilklage. Für das Arzthaftungsrecht haben viele landgerichtliche Spezialkammern gebildet, welche sich ausschließlich mit jenen Prozessen befassen. Landgerichte sind hierbei ab einem Streitwert von 5000 Euro zuständig.


=== Beweislast und Beweislasterleichterung ===
=== Beweislast und Beweislasterleichterung ===
Im Streitfall stellt sich die Frage, wer das Vorliegen beziehungsweise das Nichtvorliegen bestimmter Voraussetzungen beweisen muss. Dabei gilt, dass der Patient beweisen muss, dass ein Schadensersatzanspruch aufgrund eines konkret durch den Arzt erfolgten Fehlers besteht. Dabei ist es bedeutend, dass der Fehler zu einem unmittelbaren und kausalen Schaden geführt hat. Um dies zu beweisen ist es zwingend erforderlich, unabhängige Gutachten zu erstellen.  
Im Streitfall stellt sich die Frage, wer das Vorliegen beziehungsweise das Nichtvorliegen bestimmter Voraussetzungen beweisen muss. Dabei gilt, dass der Patient beweisen muss, dass ein Schadensersatzanspruch aufgrund eines konkret durch den Arzt erfolgten Fehlers besteht. Dabei ist es bedeutend, dass der Fehler zu einem unmittelbaren und kausalen Schaden geführt hat. Um dies zu beweisen ist es zwingend erforderlich, unabhängige Gutachten zu erstellen. Nur bei der Feststellung eines groben Behandlungsfehlers erfolgt eine Beweislastumkehr.<ref>[https://dejure.org/ext/ccb9d68a3fa8d10df7b95a8c529dc33f BGH mit Urteil vom 7. Juni 2011 (Az: VI ZR 87/10)]</ref> Hierbei muss der Arzt beweisen, dass der Schaden nicht auf den von ihm ausgeübten Fehler zurückzuführen ist. Innerhalb der Rechtsprechung wird davon ausgegangen, dass all das, was nicht ärztlich dokumentiert wurde, aber dokumentiert werden muss, tatsächlich nicht erfolgt ist. Entsprechend sind Dokumentationsfehler oft der Beginn eines erfolgreichen Arzthaftungsprozesses, weil sie Grundlage für die Annahme eines groben Behandlungsfehlers werden können. Offizielle Statistiken zum Ablauf jener Prozesse existieren nicht. Auf Basis der Daten von Schlichtungsstellen kann man jedoch ableiten, dass in einem drittel aller eingereichter Fälle die Verletzung der ärztlichen Sorgfaltspflicht bejaht wird.
Nur bei der Feststellung eines groben Behandlungsfehlers erfolgt eine Beweislastumkehr.<ref>[https://dejure.org/ext/ccb9d68a3fa8d10df7b95a8c529dc33f BGH mit Urteil vom 7. Juni 2011 (Az: VI ZR 87/10)]</ref> Hierbei muss der Arzt beweisen, dass der Schaden nicht auf den von ihm ausgeübten Fehler zurückzuführen ist. Innerhalb der Rechtsprechung wird davon ausgegangen, dass all das, was nicht ärztlich dokumentiert wurde, aber dokumentiert werden muss, tatsächlich nicht erfolgt ist. Entsprechend sind Dokumentationsfehler oft der Beginn eines erfolgreichen Arzthaftungsprozesses, weil sie Grundlage für die Annahme eines groben Behandlungsfehlers werden können.
 
Offizielle Statistiken zum Ablauf jener Prozesse existieren nicht. Auf Basis der Daten von Schlichtungsstellen kann man jedoch ableiten, dass in einem drittel aller eingereichter Fälle die Verletzung der ärztlichen Sorgfaltspflicht bejaht wird.
== Literatur ==
*2021: ''Arzthaftungsrecht'', Rüdiger Martis und Martina Winkhart- Martis, 1703 Seiten, 6. neu bearbeitete und erweiterte Auflage, Verlag Dr. Otto Schmidt, {{ISBN|978-3-504-18079-9}}
*2022: ''Arzthaftung : Haftung und Schadenersatz im Gesundheitsbereich'', Hans Erwin Nigl, 276 Seiten, LexisNexis, 4. neu bearbeitete Auflage, {{ISBN|978-3-7007-7626-0}}
*2022: ''Grundwissen Arzthaftungsrecht'', Markus Gehrlein, 225 Seiten, Verlag C.H. Beck, 4. Auflage, {{ISBN|978-3-406-79220-5}}
*2023: ''Arzthaftungsrecht : Neue Entwicklungslinien der BGH-Rechtsprechung'', Burkhard Pauge, Thomas Offenloch und Patrick Gödicke, 420 Seiten, RWS-Verlag Kommunikationsforum, 15. Auflage, {{ISBN|978-3-8145-7702-9}} <!-- Mai 2023 -->


== Weblinks ==
== Weblinks ==
*Bonner Rechtsjournal: [https://www.bonner-rechtsjournal.de/fileadmin/pdf/Artikel/2012_02/BRJ_135_2012_Heyers.pdf Einführung in das Arzthaftungsrecht]  
*Bonner Rechtsjournal: [https://www.bonner-rechtsjournal.de/fileadmin/pdf/Artikel/2012_02/BRJ_135_2012_Heyers.pdf Einführung in das Arzthaftungsrecht]
*[https://www.tauer-rechtsanwaelte.de/ Medizinrecht. Versicherungsrecht. Schaden und Haftung.]
*[https://www.tauer-rechtsanwaelte.de/ Medizinrecht. Versicherungsrecht. Schaden und Haftung.]
*[https://www.praktischarzt.de/magazin/behandlungsvertrag/ Behandlungsvertrag zwischen Arzt und Patient]
*[https://www.praktischarzt.de/magazin/behandlungsvertrag/ Behandlungsvertrag zwischen Arzt und Patient]


== Quellen ==
== Quellen ==
<references/>
{{Rechtshinweis}}
{{Normdaten|TYP=s|GND=7864471-9|LCCN=|NDL=|VIAF=|Wikidata=}}
[[Kategorie:Medizinrecht (Deutschland)]]
[[Kategorie:Patientensicherheit]]
[[Kategorie:Zuerst in InkluPedia]]
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