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Andreas Scheuer: Unterschied zwischen den Versionen

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Die Einführung einer Pkw-Maut war für die CSU mit Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt schon 2013 ein beliebtes Wahlkampthema. Es fand sich mit einem Konsortium aus Kapsch TrafficCom und CTS Eventim jedoch nur ein einziger Interessent, der ein finales Angebot dafür abgab, für den Staat die Maut zu erheben. Das Angebot lag rund eine Milliarde Euro über dem Kostenrahmen von zwei Milliarden Euro, den der Bundestag vorgegeben hatte. Das Ministerium verhandelte nach und das Ergebnis sah vor, dass der Pkw-Maut-Betreiber Zahlstellen des staatlichen Lkw-Maut-Betreibers Toll Collect nutzen darf, um seine Kosten zu senken.<ref name="zeit12122019">[https://www.zeit.de/mobilitaet/2019-12/pkw-maut-andreas-scheuer-untersuchungsausschuss Pkw-Maut: Verkehrsminister auf Abruf | ZEIT ONLINE, 12. Dezember 2019]</ref>
Die Einführung einer Pkw-Maut war für die CSU mit Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt schon 2013 ein beliebtes Wahlkampthema. Es fand sich mit einem Konsortium aus Kapsch TrafficCom und CTS Eventim jedoch nur ein einziger Interessent, der ein finales Angebot dafür abgab, für den Staat die Maut zu erheben. Das Angebot lag rund eine Milliarde Euro über dem Kostenrahmen von zwei Milliarden Euro, den der Bundestag vorgegeben hatte. Das Ministerium verhandelte nach und das Ergebnis sah vor, dass der Pkw-Maut-Betreiber Zahlstellen des staatlichen Lkw-Maut-Betreibers Toll Collect nutzen darf, um seine Kosten zu senken.<ref name="zeit12122019">[https://www.zeit.de/mobilitaet/2019-12/pkw-maut-andreas-scheuer-untersuchungsausschuss Pkw-Maut: Verkehrsminister auf Abruf | ZEIT ONLINE, 12. Dezember 2019]</ref>


Am 30. Dezember 2018<ref name="zeit12122019"/> - ein Sonntag - unterschrieb Andreas Scheuer trotz weitverbreiteter fachlicher wie [[europa]]rechtlicher Vorbehalte einen langfristigen Vertrag zum Aufbau der Mautinfrastruktur für Pkws. Der Vertrag enthält Regelungen zur Entschädigung für den entgangenen Gewinn, für die nach einer Nichteinführung der Pkw-Maut Schätzungen zufolge mehrere hundert Millionen Euro zu Lasten der Staatskasse fällig werden könnten, ohne dass eine Gegenleistung erbracht werden müsse. Am 18. Juni 2019 entschied das oberste Europäische Gericht, dass die – als „Ausländermaut“ erkennbare – Abgabe gegen Europarecht verstoße und daher nicht umgesetzt werden dürfe. Der Bundesrechnungshof bezeichnet das Vorgehen in seinem ausführlichen Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestages vom 18. November 2019 als einen Verstoß gegen das Haushaltsrecht und einen Verstoß gegen das Vergaberecht.<ref>[https://www.tagesspiegel.de/politik/maut-debakel-warum-das-vorgehen-von-verkehrsminister-scheuer-als-korruption-gelten-kann/25312724.html Tagesspiegel | Transparency International sieht Korruptionsverdacht bei Maut-Debakel, 09.12.2019]</ref>
Am 30. Dezember 2018<ref name="zeit12122019"/> - ein Sonntag - unterschrieb Andreas Scheuer trotz weit verbreiteter fachlicher wie [[europa]]rechtlicher Vorbehalte einen langfristigen Vertrag zum Aufbau der Mautinfrastruktur für Pkws. Der Vertrag enthält Regelungen zur Entschädigung für den entgangenen Gewinn, für die nach einer Nichteinführung der Pkw-Maut Schätzungen zufolge mehrere hundert Millionen Euro zu Lasten der Staatskasse fällig werden könnten, ohne dass eine Gegenleistung erbracht werden müsse. Am 18. Juni 2019 entschied das oberste Europäische Gericht, dass die – als „Ausländermaut“ erkennbare – Abgabe gegen Europarecht verstoße und daher nicht umgesetzt werden dürfe. Der Bundesrechnungshof bezeichnet das Vorgehen in seinem ausführlichen Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestages vom 18. November 2019 als einen Verstoß gegen das Haushaltsrecht und einen Verstoß gegen das Vergaberecht.<ref>[https://www.tagesspiegel.de/politik/maut-debakel-warum-das-vorgehen-von-verkehrsminister-scheuer-als-korruption-gelten-kann/25312724.html Tagesspiegel | Transparency International sieht Korruptionsverdacht bei Maut-Debakel, 09.12.2019]</ref>


Scheuer versprach einem eingesetzten Untersuchungsausschuss mehrfach maximale Transparenz. Scheuer verschwieg jedoch dem Bundestag mehrfach Treffen mit dem Betreiberkonsortium. Das Ministerium hatte die Treffen im November 2018 und Juni 2019 mit dem Betreiberkonsortiums nicht dokumentiert, auch Akten oder Aufzeichnungen liegen darüber nicht vor.<ref>[https://www.zeit.de/politik/deutschland/2019-09/pkw-maut-andreas-scheuer-verkehrsminister-opposition-beschuldigung Pkw-Maut: Opposition bezichtigt Andreas Scheuer der Lüge | ZEIT ONLINE, 27. September 2019]</ref> Wochen später kam heraus, dass Scheuer dem Bundestag <!-- weitere? ingesamt? --> fünf Treffen mit dem Betreiberkonsortium verschwieg.<ref>[https://www.zeit.de/mobilitaet/2019-10/andreas-scheuer-pkw-mautbetreiber-transparenz Andreas Scheuer: #nixgeheim? | ZEIT ONLINE, 9. Oktober 2019]</ref> Im Dezember 2019 kam heraus, dass Andreas Scheuer bereits klassifizierte Unterlagen nachträglich mit einer höheren Geheimhaltungsstufe versah und so als vertrauliche Verschlusssachen klassifizierte.<ref>[https://www.sueddeutsche.de/politik/bundestag-wirbel-um-aktenfreigabe-im-maut-untersuchungsausschuss-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-191218-99-185583 Bundestag - Wirbel um Aktenfreigabe im Maut-Untersuchungsausschuss - Politik - SZ.de, 18. Dezember 2019]</ref> Auch die Mails des Ministers über seinen Abgeordneten-Account waren dem Untersuchungsausschusses vom Ministerium erst verspätet zur Verfügung gestellt worden und die Kommunikation zur Maut über eine private Mailadresse gar nicht. Im Juli 2020 warf die Opposition Verkehrsminister Scheuer vor, das Parlament an der Nase herumzuführen.<ref>[https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/mautaffaere-opposition-wirft-verkehrsminister-scheuer-irrefuehrung-vor/26023850.html Handelsblatt - Opposition wirft Verkehrsminister Scheuer Irreführung vor, 21.07.2020]</ref>
Scheuer versprach einem eingesetzten Untersuchungsausschuss mehrfach maximale Transparenz. Scheuer verschwieg jedoch dem Bundestag mehrfach Treffen mit dem Betreiberkonsortium. Das Ministerium hatte die Treffen im November 2018 und Juni 2019 mit dem Betreiberkonsortiums nicht dokumentiert, auch Akten oder Aufzeichnungen liegen darüber nicht vor.<ref>[https://www.zeit.de/politik/deutschland/2019-09/pkw-maut-andreas-scheuer-verkehrsminister-opposition-beschuldigung Pkw-Maut: Opposition bezichtigt Andreas Scheuer der Lüge | ZEIT ONLINE, 27. September 2019]</ref> Wochen später kam heraus, dass Scheuer dem Bundestag <!-- weitere? ingesamt? --> fünf Treffen mit dem Betreiberkonsortium verschwieg.<ref>[https://www.zeit.de/mobilitaet/2019-10/andreas-scheuer-pkw-mautbetreiber-transparenz Andreas Scheuer: #nixgeheim? | ZEIT ONLINE, 9. Oktober 2019]</ref> Im Dezember 2019 kam heraus, dass Andreas Scheuer bereits klassifizierte Unterlagen nachträglich mit einer höheren Geheimhaltungsstufe versah und so als vertrauliche Verschlusssachen klassifizierte.<ref>[https://www.sueddeutsche.de/politik/bundestag-wirbel-um-aktenfreigabe-im-maut-untersuchungsausschuss-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-191218-99-185583 Bundestag - Wirbel um Aktenfreigabe im Maut-Untersuchungsausschuss - Politik - SZ.de, 18. Dezember 2019]</ref> Auch die Mails des Ministers über seinen Abgeordneten-Account waren dem Untersuchungsausschusses vom Ministerium erst verspätet zur Verfügung gestellt worden und die Kommunikation zur Maut über eine private Mailadresse gar nicht. Im Juli 2020 warf die Opposition Verkehrsminister Scheuer vor, das Parlament an der Nase herumzuführen.<ref>[https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/mautaffaere-opposition-wirft-verkehrsminister-scheuer-irrefuehrung-vor/26023850.html Handelsblatt - Opposition wirft Verkehrsminister Scheuer Irreführung vor, 21.07.2020]</ref>


=== Autobahn GmbH ===
=== Autobahn GmbH ===
2008 übernahmen der Baukonzern Bilfinger, der britische Infrastrukturfonds John Laing und das niedersächsische Bauunternehmen Johann Bunte eine Erweiterung der Autobahn zwischen [[Bremen]] und [[Hamburg]]. Dafür wurden sie der Betreiber diesen Autobahnabschnittes bis 2038 und bekamen einen Anteil an den LKW-Mautgebühren. Bereits ab 2008 verlangten die Investoren Ausgleichszahlungen vom Staat. Das wurde bis 2017 von allen Bundesregierungen, Finanz-, Verkehrs- und Wirtschaftsministern verheimlicht, bis eine neue Grundgesetzänderung 2017 durchgeführt wurde. 2017 verklagten die Investoren den Staat auf 787 Millionen Ausgleichszahlung, weil wegen der Finanzkrise vermeintlich 20 Prozent weniger LKWs als "erwartet" durchgefahren sind.<ref>[https://bund-laender-nrw.verdi.de/land/strassen-nrw/++co++7290090c-9aeb-11e7-abda-525400423e78 Autobahn: Öffentlich-Private-Partner­schaften auf ganzer Linie gescheitert – ver.di]</ref>
2008 übernahmen der Baukonzern Bilfinger, der britische Infrastrukturfonds John Laing und das [[Niedersachsen|niedersächsische]] Bauunternehmen Johann Bunte eine Erweiterung der Autobahn zwischen [[Bremen]] und [[Hamburg]]. Dafür wurden sie der Betreiber diesen Autobahnabschnittes bis 2038 und bekamen einen Anteil an den LKW-Mautgebühren. Bereits ab 2008 verlangten die Investoren Ausgleichszahlungen vom Staat. Das wurde bis 2017 von allen Bundesregierungen, Finanz-, Verkehrs- und Wirtschaftsministern verheimlicht, bis eine neue Grundgesetzänderung 2017 durchgeführt wurde. 2017 verklagten die Investoren den Staat auf 787 Millionen Ausgleichszahlung, weil wegen der Finanzkrise vermeintlich 20 Prozent weniger LKWs als "erwartet" durchgefahren sind.<ref>[https://bund-laender-nrw.verdi.de/land/strassen-nrw/++co++7290090c-9aeb-11e7-abda-525400423e78 Autobahn: Öffentlich-Private-Partner­schaften auf ganzer Linie gescheitert – ver.di]</ref>


Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) trieb 2016 den Ausbau der deutschen Autobahnen mit privaten Betreibern massiv voran. Er befürwortete Teilprivatisierungen, obwohl die Projekte bislang stets viel zu teuer waren. 2017 stand die für den Ausbau der Autobahn A1 zuständige Betreibergesellschaft A1 Mobil kurz vor der Pleite. Diee Einnahmen verfehlten die Ziele von Bund und Betreibern. Das Projekt mit A1 Mobil war damals das größte Projekt der Öffentlich-privaten Partnerschaft (ÖPP).<ref>[https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/verkehrspolitik-autobahn-privatisierung-erleidet-herben-rueckschlag-1.3636110 Autobahn-Privatisierung erleidet herben Rückschlag - Wirtschaft - SZ.de, 23. August 2017]</ref> Das Landgericht Hannover wies die Klage von A1 mobil 2018 als unbegründet ab, 2019 wies das Oberlandesgericht Celle die Klage ab.<ref>[https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/hannover_weser-leinegebiet/A1-mobil-OLG-Celle-weist-Millionenklage-ab,autobahn2876.html A1 mobil: OLG Celle weist Millionenklage ab | NDR.de - Nachrichten - Niedersachsen - Studio Hannover, 26.11.2019]</ref>
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) trieb 2016 den Ausbau der deutschen Autobahnen mit privaten Betreibern massiv voran. Er befürwortete Teilprivatisierungen, obwohl die Projekte bislang stets viel zu teuer waren. 2017 stand die für den Ausbau der Autobahn A1 zuständige Betreibergesellschaft A1 Mobil kurz vor der Pleite. Diee Einnahmen verfehlten die Ziele von Bund und Betreibern. Das Projekt mit A1 Mobil war damals das größte Projekt der Öffentlich-privaten Partnerschaft (ÖPP).<ref>[https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/verkehrspolitik-autobahn-privatisierung-erleidet-herben-rueckschlag-1.3636110 Autobahn-Privatisierung erleidet herben Rückschlag - Wirtschaft - SZ.de, 23. August 2017]</ref> Das Landgericht Hannover wies die Klage von A1 mobil 2018 als unbegründet ab, 2019 wies das Oberlandesgericht Celle die Klage ab.<ref>[https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/hannover_weser-leinegebiet/A1-mobil-OLG-Celle-weist-Millionenklage-ab,autobahn2876.html A1 mobil: OLG Celle weist Millionenklage ab | NDR.de - Nachrichten - Niedersachsen - Studio Hannover, 26.11.2019]</ref>
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