Arbeitsgemeinschaft Evolution, Menschheitszukunft und Sinnfragen: Unterschied zwischen den Versionen

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== Anfänge in Freiburg im Breisgau ==
== Anfänge in Freiburg im Breisgau ==
In dieser Arbeitsgemeinschaft trafen sich seit Anfang der 1980er Jahre zunächst Studenten und Lehrkräfte unterschiedlicher Fakultäten der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, die von dem umfassenden, integrativen Evolutionsansatz Pierre Teilhard de Chardins als tragfähige Basis für interdisziplinäre Gespräche zwischen Naturwissenschaften und Theologie überzeugt waren. Der Freiburger Arbeitskreis gab von September 1981 für einige Jahre vierteljährlich die Zeitschrift „Agemus Rundbrief“ heraus, in der von namhaften Autoren und Wissenschaftlern Artikel zu interdisziplinären Themen im Umfeld von Theologie, Philosophie und Naturwissenschaft veröffentlicht wurden. Neben Artikeln zu Leben, Werk und Rezeption von Teilhard de Chardin<ref>Helmut Riedlinger: ''Wie kommt das Übel in die Welt? Teilhard de Chardins Deutung''. In: ''Agemus Rundbrief'', Juni 1982, S. 5 ff.</ref> hat der Freiburger Rundbrief naturphilosophische Ansätze, die auch im Sinne einer Natürlichen Theologie interpretiert werden können,<ref>Carsten Bresch: ''Unser Universum ist balanciert – wie ein Bleistift, der seit 20 Milliarden Jahren auf seiner Spitze steht (Darstellung und Kommentierung des 11. Texas-Symposions über relativistische Astrophysik vom 12. bis 17. Dezember 1982)''. In: ''Agemus Rundbrief''. Sonderheft 1983, S. 1953 ff.; [[Michael Kunst]], Armin Kyrieleis: ''[[Erasmus Darwin]] – Der Tempel der Natur''. In: ''Agemus Rundbrief''. Herbst 1984, S. 3 f.; Reinhard W. Kaplan: ''Viele Welten - Nur einige belebt? „Die Einstellung“ des Weltallbaus auf Menschentstehung ([[Anthropisches Prinzip]])''. In: ''Agemus Rundbrief''. Sommer 1983, S. 139.</ref> dargestellt. Er kommentierte auch kritisch überzogene Ansätze wie spezielle Formen der Soziobiologie.<ref>Carsten Bresch: ''Soziobiologie, Egoismus um die Ecke?'' In: ''Agemus Rundbrief''. September 1981, S. 11 ff.</ref> Die Gruppe suchte auch die kritische Diskussion mit Vertretern des Kreationismus. Stellvertretend für diese Aktivität mag der im Agemus Rundbrief über mehrere Ausgaben zwischen Carsten Bresch und dem [[Vereinigtes Königreich|britischen]] Biochemiker Arthur Ernest Wilder-Smith (1915–1995) geführte Disput „Schöpfung und/oder Evolution“ stehen.<ref>AGEMUS, Rundbriefe 4/1982 bis 4/1983.</ref>
In dieser Arbeitsgemeinschaft trafen sich seit Anfang der 1980er Jahre zunächst Studenten und Lehrkräfte unterschiedlicher Fakultäten der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, die von dem umfassenden, integrativen Evolutionsansatz Pierre Teilhard de Chardins als tragfähige Basis für interdisziplinäre Gespräche zwischen Naturwissenschaften und Theologie überzeugt waren. Der Freiburger Arbeitskreis gab von September 1981 für einige Jahre vierteljährlich die Zeitschrift „Agemus Rundbrief“ heraus, in der von namhaften Autoren und Wissenschaftlern Artikel zu interdisziplinären Themen im Umfeld von Theologie, Philosophie und Naturwissenschaft veröffentlicht wurden. Neben Artikeln zu Leben, Werk und Rezeption von Teilhard de Chardin<ref>Helmut Riedlinger: ''Wie kommt das Übel in die Welt? Teilhard de Chardins Deutung''. In: ''Agemus Rundbrief'', Juni 1982, S. 5 ff.</ref> hat der Freiburger Rundbrief naturphilosophische Ansätze, die auch im Sinne einer Natürlichen Theologie interpretiert werden können,<ref>Carsten Bresch: ''Unser Universum ist balanciert – wie ein Bleistift, der seit 20 Milliarden Jahren auf seiner Spitze steht (Darstellung und Kommentierung des 11. Texas-Symposions über relativistische Astrophysik vom 12. bis 17. Dezember 1982)''. In: ''Agemus Rundbrief''. Sonderheft 1983, S. 1953 ff.; Michael Kunst, Armin Kyrieleis: ''Erasmus Darwin – Der Tempel der Natur''. In: ''Agemus Rundbrief''. Herbst 1984, S. 3 f.; Reinhard W. Kaplan: ''Viele Welten - Nur einige belebt? „Die Einstellung“ des Weltallbaus auf Menschentstehung (Anthropisches Prinzip)''. In: ''Agemus Rundbrief''. Sommer 1983, S. 139.</ref> dargestellt. Er kommentierte auch kritisch überzogene Ansätze wie spezielle Formen der Soziobiologie.<ref>Carsten Bresch: ''Soziobiologie, Egoismus um die Ecke?'' In: ''Agemus Rundbrief''. September 1981, S. 11 ff.</ref> Die Gruppe suchte auch die kritische Diskussion mit Vertretern des Kreationismus. Stellvertretend für diese Aktivität mag der im Agemus Rundbrief über mehrere Ausgaben zwischen Carsten Bresch und dem [[Vereinigtes Königreich|britischen]] Biochemiker Arthur Ernest Wilder-Smith (1915–1995) geführte Disput „Schöpfung und/oder Evolution“ stehen.<ref>AGEMUS, Rundbriefe 4/1982 bis 4/1983.</ref>


== Katholische Kirche und Teilhard de Chardin ==
== Katholische Kirche und Teilhard de Chardin ==
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== Agemus und die Friedensfrage ==
== Agemus und die Friedensfrage ==
Reinhard Walter Kaplan (1912–2003) äußerte sich in Agemus unter dem Titel ''Viele Welten – Nur einige belebt?''<ref>Agemus Rundbrief Herbst 1983.</ref> zum Anthropischen Prinzip. Das von George Gale veröffentlichte anthropische Prinzip beschreibt eine evolutiv entstandene Welt, deren Urparameter gegen alle Wahrscheinlichkeit so ausgelegt waren, dass sich „intelligentes“ Leben entwickeln konnte und entwickelte. Es entwickelte sich ein „intelligentes“ Lebewesen, das das Weltgeschehen beobachtete und zunehmend auch auf dieses Einfluss zu nehmen suchte. [[Franz König|Kardinal König]] verdeutlichte die hieraus entstehende Problematik in Agemus 3/1982 und erklärte einen Atomkrieg als eine für den Menschen nicht einmal denkbare Handlungsoption.<ref>Kardinal König: Es gibt keine Atomkrieg. Erstveröffentlichung in der FAZ vom 3. März 1982.</ref> Nach ihm handelt es sich bei einem Atomkrieg nicht um einen „Krieg“, da es weder einen Sieger noch einen Verlierer geben wird, sondern nur totale Vernichtung von Allem und Jedem. Max J. Kobbert beschreibt ins seinem neuesten Buch: „Die zweite Entstehung der Welt – Was uns trennt und was uns verbindet.“ (2023)<ref>Max J. Kobbert: Die zweite Entstehung der Welt – Was uns trennt und was uns verbindet. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2023, {{ISBN|978-3-534-40760-6}}.</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.wbg-wissenverbindet.de/aktuelles/blog/buecher-und-autoren/das-anthropische-prinzip-und-seine-konsequenz |titel=Das anthropische Prinzip und seine Konsequenz (Buchbesprechung zu Max J. Kobbert: Die zweite Entstehung der Welt) |hrsg=Wissenschaftliche Buchgesellschaft |datum=29.06.2023 |abruf=20.08.2023}}</ref> das anthropische Prinzip als das Zustandekommen der heutigen Welt in Folge eines 999-maligem direkt aufeinander folgendem Würfeln eines Sechsers im Würfelspiel. Er führt den Gedankengang weiter und zieht ähnlich wie frühere Vertreter des anthropischen Prinzipes (beispielsweise George Gale, Reinhard Breuer oder Carsten Bresch) den Schluss, das der tausendste Würfelwurf nicht zwingend einen Sechser bringen muss, ja stattdessen ein Ende für die Menschheit oder gar für das Leben bedeuten kann. In ähnlicher Weise äußerte sich auch Kardinal König. Die Friedensfrage war und ist für alle Agemus-Beteiligten keine Frage der aktuellen Tagespolitik, sondern eine existentielle Frage der sich in einer evolutiven Entwicklung befindenden Menschheit. Diese Frage wurde dort im Rahmen einer sich evoluierenden Welt thematisiert.
Reinhard Walter Kaplan (1912–2003) äußerte sich in Agemus unter dem Titel ''Viele Welten – Nur einige belebt?''<ref>Agemus Rundbrief Herbst 1983.</ref> zum Anthropischen Prinzip. Das von George Gale veröffentlichte anthropische Prinzip beschreibt eine evolutiv entstandene Welt, deren Urparameter gegen alle Wahrscheinlichkeit so ausgelegt waren, dass sich „intelligentes“ Leben entwickeln konnte und entwickelte. Es entwickelte sich ein „intelligentes“ Lebewesen, das das Weltgeschehen beobachtete und zunehmend auch auf dieses Einfluss zu nehmen suchte. Franz Kardinal König (1905–2004) verdeutlichte die hieraus entstehende Problematik in Agemus 3/1982 und erklärte einen Atomkrieg als eine für den Menschen nicht einmal denkbare Handlungsoption.<ref>Kardinal König: Es gibt keine Atomkrieg. Erstveröffentlichung in der FAZ vom 3. März 1982.</ref> Nach ihm handelt es sich bei einem Atomkrieg nicht um einen „Krieg“, da es weder einen Sieger noch einen Verlierer geben wird, sondern nur totale Vernichtung von Allem und Jedem. Max J. Kobbert beschreibt ins seinem neuesten Buch: „Die zweite Entstehung der Welt – Was uns trennt und was uns verbindet.“ (2023)<ref>Max J. Kobbert: Die zweite Entstehung der Welt – Was uns trennt und was uns verbindet. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2023, {{ISBN|978-3-534-40760-6}}.</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.wbg-wissenverbindet.de/aktuelles/blog/buecher-und-autoren/das-anthropische-prinzip-und-seine-konsequenz |titel=Das anthropische Prinzip und seine Konsequenz (Buchbesprechung zu Max J. Kobbert: Die zweite Entstehung der Welt) |hrsg=Wissenschaftliche Buchgesellschaft |datum=29.06.2023 |abruf=20.08.2023}}</ref> das anthropische Prinzip als das Zustandekommen der heutigen Welt in Folge eines 999-maligem direkt aufeinander folgendem Würfeln eines Sechsers im Würfelspiel. Er führt den Gedankengang weiter und zieht ähnlich wie frühere Vertreter des anthropischen Prinzipes (beispielsweise George Gale, Reinhard Breuer oder Carsten Bresch) den Schluss, das der tausendste Würfelwurf nicht zwingend einen Sechser bringen muss, ja stattdessen ein Ende für die Menschheit oder gar für das Leben bedeuten kann. In ähnlicher Weise äußerte sich auch Kardinal König. Die Friedensfrage war und ist für alle Agemus-Beteiligten keine Frage der aktuellen Tagespolitik, sondern eine existentielle Frage der sich in einer evolutiven Entwicklung befindenden Menschheit. Diese Frage wurde dort im Rahmen einer sich evoluierenden Welt thematisiert.


== Literatur ==
== Literatur ==