Nuedexta

Aus InkluPedia
Die druckbare Version wird nicht mehr unterstützt und kann Darstellungsfehler aufweisen. Bitte aktualisiere deine Browser-Lesezeichen und verwende stattdessen die Standard-Druckfunktion des Browsers.

Bei Nuedexta handelt es sich um ein Medikament aus dem medizinischen Fachgebiet der Neurologie. Es besteht aus dem Wirkstoff Dextromethorphan sowie der Zugabe von Chinidin als Booster durch intrinsische Retardierung. Eingesetzt wird es zum Schutz von Sigmarezeptoren und glutamenergen Signalwegen im Gehirn bei hirnorganisch geschädigten Menschen. Es ist somit kein Psychopharmakon, sondern ein Psychotropikum. Haupteffekt ist die Stabilisierung der Stimmungsmodulation neurologisch (organisch) erkrankter Patienten. Nuedexta ist derzeit (Stand 2018) in Deutschland nicht im Handel und muss im Bedarfsfall aus den USA durch internationale Apotheken importiert werden.

Einsatzgebiet

Nuedexta wird bei Menschen mit Hirnschäden genutzt, um rein organisch bedingte Stimmungsschwankungen und ebenso rein organisch bedingte Verhaltensstörungen zu behandeln, die keine psychische Ursache haben. Für psychiatrische Krankheitsbilder besteht folglich keine Zulassung.[1][2]

Dextromethorphan

Dextromethorphan (kurz: DXM) ist der alleinige Wirkstoff von Nuedexta. Er wirkt an den Sigmarezeptoren, den NMDA-Rezeptoren und weist Eigenschaften eines Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmers (SNRI) auf.[3] Es wurde in den 1950er Jahren entwickelt, und zwar mit der Absicht einen Ersatz für Codein zu erreichen, der praktisch nicht abhängig macht. Ebenso wie Codein sollte der neue Wirkstoff im Gehirn den Hustenreiz unterdrücken. Daher ist Dextromethorphan fälschlicherweise als “Hustenmittel” bekannt. Tatsächlich handelt es sich um ein höchst wirksames Psychotropikum, das unter anderem auch einen Hustenreiz zentral im Gehirn dämpfen kann. Im Grunde ist dies jedoch nur eine Nebenwirkung des Dextromethorphan, die allerdings als Hauptindikation zur Zulassung kam. In Nuedexta kommt Dextromethorphan somit mit sechzig Jahren Verspätung zu jener Anwendung, für die es die höchste Wirksamkeit zeigt.[4]

Chinidin (Hilfsstoff/Booster)

Chinidin ist ein nebenwirkungsintensiver Arzneistoff aus dem Bereich der Kardiologie, der aufgrund seiner zahllosen, teils gefährlichen unerwünschten Wirkungen kaum noch Anwendung findet. Im Fall von Nuedexta soll Chinidin einen Stoffwechselweg in der Leber blockieren, damit das Dextromethorphan einen höheren Wirkspiegel im Blut des Patienten erreichen kann. Anwürfe, die Beigabe von Chinidin diene nur der Erlangung eines neuen Patentes wurden nie entkräftet. Denn in der Tat gibt es klassische Formen der Retardierung für Dextromethorphan, die das Chinidin eigentlich überflüssig machen.[5]

Die Entwicklung von Nuedexta

Nach der Jahrtausendwende kam ein kleines pharmazeutisches Unternehmen in Kalifornien (Avanir Pharmaceuticals) auf die Idee, das inzwischen patentfreie und extrem billig herzustellende Dextromethorphan auf seinem eigentlichen Anwendungsgebiet als Psychotropikum anzubieten. Um die klinischen Studien für eine entsprechende Zulassung finanzieren und absolvieren zu können, sowie um später Patentschutz genießen zu können, hatte man den Einfall, statt einer gewöhnlichen physikalischen Retardierung eine solche durch den Hilfsstoff Chinidin zu wählen. Da Chinidin ebenfalls patentfrei und sehr günstig in der Herstellung ist, wurde auf diesen Stoff trotz sicherer Alternativen zurückgegriffen. Die Studien und Versuchsreihen verliefen erfolgreich und Nuedexta wurden sowohl Patent als auch Zulassung gewährt. Allerdings bezieht sich die Zulassung primär auf nichteuropäische Märkte, vor allem die USA.

Zulassung in der EU

Eine zwischenzeitlich erfolgte Zulassung der EU-Arzneimittelbehörde EMA wurde aus Kostengründen auf Antrag des Herstellers nicht verlängert[6], da Avanir keinen strategischen Partner für den Vertrieb in der EU gefunden hatte.

Wirtschaftliche Konsequenzen

Avanir Pharmaceuticals ist es mit der Neupatentierung des Altwirkstoffes Dextromethorphan nicht nur gelungen, dieses jener Bestimmung zuzuführen, wo es seine größten Stärken hat, sondern sich dies auch monetär kompensieren zu lassen. Zum Vergleich: eine Packung Nuedexta mit 60 Tabletten kostet rund US-$ 1.100,00, während deutsche Apotheken reines Dextromethorphan bereits ab rund € 3,00 je zehn Tabletten anbieten.[7] Dieses Preisgefälle war mit ein Grund, warum Avanir Pharmaceuticals in der EU keine Vertriebspartner für sein eigentlich hoch wirksames Medikament fand. In den USA ist Nuedexta inzwischen ein Blockbuster (Kassenschlager) unter den Medikamenten in der Neurologie.

Quellen

Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt nicht eine Diagnose durch einen Arzt.