Chronik der Soziologie
Chronik der Soziologie (teilweise auch Politologie)
Antike und Mittelalter
- 13. Jahrhundert: Der chinesische Historiker Ma Duanlin (1245-1322) argumentiert soziologisch
- ca. 1380: Der Tunesier Ibn Khaldun (1332-1406) schreibt in "Muqqadimah" Geschichte sehr soziologisch.
Neuzeit
- 1767: Der Schotte Adam Ferguson (1723-1816) untersucht in "An Essay on the History of Civil Society" soziale Interaktion.
- 1780: Der französische Priester und Staatsmann Emmanuel Joseph Sieyès (1748-1836) erfindet den Neologismus "Soziologie", veröffentlicht aber seine Aufzeichnungen nicht. [1]
- 1813: Der Sozialreformer Henri de Saint-Simon (1760-1825): Physiologie Sociale
- 1835: Der belgische Astronom und Statistiker Adolphe Quetelet (1796-1874) veröffentlicht sein Werk "Über den Menschen und die Entwicklung seiner Fähigkeiten"; er begründet auch die Kriminologie.
- 1837: Fie Engländerin Harriet Martineau (1802-1876): Society in America
- 1838: Der französische Positivist Auguste Comte (1798-1857) bipolar gestört und oft in Heilanstalten, entwirft eine neue Wissenschaft und macht den Begriff "Soziologie" bekannt.[2]
- 1851: Herbert Spencer (1820–1903) schreibt Social Statics
- 1881: Pierre Guillaume Frédéric le Play (1806-1882) gründet die Zeitschrift "Reform sociale"
- 1885: Der polnische Jude Ludwig Gumplowicz (1838-1909) schreibt das darwinistische "Der Rassenkampf"
- 1887: "Gemeinschaft und Gesellschaft" von dem deutschem Soziologem, Nationalökonomen und Philosophen Ferdinand Tönnies (1855-1936)
- 1894: Der schwarze Politiker W. E. B. Du Bois (1868–1963): The Philadelphia negro
- 1895: Gustave le Bon (1841-1931): "Psychologie der Massen"
- 1895: "The American Journal of Sociology" von Albion Woodbury Small (1854-1926) gegründet
- 1897: Emile Durkheim (1858-1917): "Studie über den Selbstmord"
- 1898: Zeitschrift "L'Année Sociologique" wird von dem französischen Soziologen und Ethnologen Émile Durkheim (1858-1917) gegründet.
- 1899: Der US-amerikanischer Ökonom und Soziologe norwegischer Abstammung Thorstein Veblen (1857-1929) schreibt "Die Theorie der feinen Leute" übt scharfe Kritik an den Reichen wg. Geltungskonsum und Faulheit.
20. Jahrhundert
- 1900: Der deutsche Kulturphilosoph und Mitbegründer der formalen Soziologie Georg Simmel (1858–1918) veröffentlicht sein Opus magnum "Philosophie des Geldes", wie die Geldwirtschaft sich immer mehr verselbstständigt und schließlich alle anderen Daseinszwecke in den Schatten stellt. [3]
- 1902: Der US-amerikanische Soziologe Charles Cooley (1864-1929) schreibt "Human Nature and the Social Order"
- 1904/5: Max Weber (1864-1920) veröffentlicht sein wohl bekanntestes Werk "Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus"
- 1907-1911: "Ehernes Gesetz der Oligarchie" von Robert Michels (1876-1936)
- 1916: Der italienische Volkswirt und Soziologe Vilfredo Pareto (1848-1923) bringt seine "Allgemeine Soziologie" heraus.
- 1922: "Wirtschaft und Gesellschaft", postum Max Weber (1864-1920)
- 1925: Karl Mannheim (1893-1947): "Das Problem einer Soziologie des Wissens"
- 1927: Pitirim Sorokin (1889-1968), ein russischer Exilant, der von Lenin schon zum Tode verurteilt worden war, veröffentlicht in den USA "Social Mobility". Er propagiert den Altruismus.
- 1928: "Thomas-Theorem" vom US-amerikanischen Soziologen und Philologen William Isaac Thomas (1863–1947)
- 1928: Pitirim Sorokin: "Die Soziologie der Revolution"
- 1929: "Aufstand der Massen" des sehr elitär denkenden konservativen spanischen Philosophen, Soziologen und Essayisten José Ortega y Gasset (1883-1955)
- 1930: Der deutsche Journalist, Soziologe, Filmtheoretiker und Geschichtsphilosoph Siegfried Kracauer (1889-1966) erforscht in "Die Angestellten" den Alltag
- 1932: Theodor Geiger (1891-1952): "Die soziale Schichtung des deutschen Volkes"
- 1937: Talcott Parsons (1907-1979): "The Structure of Social Action"
- 1939: Der deutsch-englische Soziologe Norbert Elias (1897-1990) schreibt eine Kulturgeschichte vom Mittelalter bis zur Neuzeit "Der Prozess der Zivilisation"
- 1940: Arnold Gehlen (1904-1976): "Der Mensch", für Gehlen ein Mängelwesen mit biolgischer Sonderstellung
- 1944: "Zwei Stufen Theorie der Kommunikation": Paul Lazarsfeld (1901-1976) begründet mit „Wahlen und Wähler. Soziologie des Wahlverhaltens“ über die amerikanische Präsidentschaftswahl 1940 die mikrosoziologische Denkrichtung. Er prägt den Begriff "Meinungsführer" und Mitläufereffekt.
- 1947: Der deutsche Filmkritiker und Soziologe Siegfried Kracauer (1889-1966) verfasst "Von Caligari zu Hitler"
- 1949: Georges Bataille (1897–1962): "Der verfemte Teil"
- 1949: Robert K. Merton (1910–2003), USA: "Social Theory and Social structure". Er prägt den Begriff "Bezugsgruppe", an denen sich der Einzelne orientiert.
- 1950: David Riesman (1909–2002) schreibt mit "Die einsame Masse" einen Bestseller. Seiner Ansicht nach gibt es keine Machtelite, sondern ein pluralistisches Gegeneinander von „Veto-Gruppen"
- 1951: Der Kanadier Marshall McLuhan (1911-1980): "Die mechanische Braut: Volkskultur des industriellen Menschen"
- 1956: Charles Wright Mills (1916-1962): "Machtelite"
- 1956: Shmuel Eisenstadt (1923-2010): "Generationengruppen und Gesellschaftsstruktur"
- 1957: Hartmut Schelsky (1912–1984): "Die skeptische Generation". Er warnt vor dem Anspruchsdenken des entmündigten Bürgers.
- 1958: Ralf Dahrendorf (1929-2009): "Homo Soziologicus"
- 1959: Der kanadische Sozialwissenschaftler Erving Goffman (1922-1982) entwickelt in seinem Bestseller "Wir alle spielen Theater" seine Sicht der öffentlichen Interaktion.
- 1962: Marshall McLuhan: "Die Gutenberg-Galaxis: Das Ende des Buchzeitalters"
- 1964: McLuhan veröffentlicht "Understanding Media" mit dem Schlagwort „Das Medium ist die Botschaft“
- 1968: Die US-amerikanischen Soziologen Robert K. Merton und seine Ehefrau Harriet Zuckerman (* 1937) postulieren den nach dem Evangelisten benannten "Matthäus-Effekt", Erfolg schafft größeren Erfolg
- 1968: Ralf Dahrendorf veröffentlicht "Essays in the Theory of Society"; Am Rande des Freiburger FDP-Bundesparteitags diskutiert Dahrendorf mit Rudi Dutschke auf einem Autodach, er wird Mitglied des Deutschen Bundestages von 1969 bis 1970, Staatsminister im Auswärtigen Amt für die FDP, 1987 tritt er aus.
- 1970er: "Schweigespirale" ist eine von der Demoskopin Elisabeth Noelle-Neumann ( 1916-2010) formulierte Theorie der öffentlichen Meinung.
- 1971: Niklas Luhmann (1927-1998) und Jürgen Habermas (* 1929): "Theorie der Gesellschaft oder Sozialtechnologie. Was leistet die Systemforschung?"
- 1971: Elizabeth Janeway (1913-2005): "Man’s World, Woman’s Place: A Study of Social Mythology."
- 1973: Mark S. Granovetter (*1943) schreibt den einflussreichen Aufsatz „The Strength of Weak Ties“
- 1973: Daniel Bell (1919-2011): "Die nachindustrielle Gesellschaft"
- 1975: Alice Schwarzer (* 1942): "Der kleine Unterschied und die Folgen"
- 1976: Jean Baudrillard (1929-2007): "Der symbolische Tausch und der Tod"
- 1977: Der aggressive linke Poststrukturalist Michel Foucault (1926-1984) schreibt "Überwachen und Strafen".[4]
- 1979: Der französische Soziologe und Sozialphilosoph Pierre Bourdieu (1930-2002) erläutert in "Die feinen Unterschiede" seine Gedanken zum "Habitus"
- 80er: "Akteur-Netzwerk-Theorie" wird von Michel Callon, John Law und Bruno Latour ausgearbeitet
- 1984: "Paradigmawechsel der Systemtheorie“: "Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie" von Niklas Luhmann beschreibt funktionalstrukturalistische Theorie sozialer Kommunikationssysteme
- 1985: Neil Postman (1931-2003): "Wir amüsieren uns zu Tode"
- 1986: Ulrich Beck (* 1944): "Risikogesellschaft
- 1987: Norbert Elias: Die Gesellschaft der Individuen
- 1991: Der US-amerikanische Soziologe Steven Goldberg (* 1941) veröffentlicht sein Werk "When Wish Replaces Thought: Why So Much of What You Believe Is False"
- 1993: George Ritzer (* 1940): McDonaldisierungs-These
- 1993: "Matilda-Effekt": Die US-amerikanische Wissenschaftshistorikerin Margaret W. Rossiter (* 1944) postuliert einen nach der US-amerikanischen Frauenrechtlerin Matilda Joslyn Gage (1826-1898) benannten frauenfeindlichen Drang, Leistungen von Frauen zu bagatellisieren oder totzuschweigen.
- 1994: Richard Herrnstein und Charles Murray: "The Bell Curve"
- 1994: Peter Gross (* 1941): "Die Multioptionsgesellschaft"
- 1996: Pierre Bourdieu, s.o.: "Über das Fernsehen"
- 1996: Der spanische Soziologe Manuel Castells (* 1942), ursprünglich Marxist, wird mit "Das Informationszeitalter" zum internationalen Star. 2012 bekommt er den Holberg-Preis, 2013 den Balzan-Preis.
- 1997: Niklas Luhmann: "Die Gesellschaft der Gesellschaft"
- 1998: Der Naturwissenschaftler Alan Sokal (* 1955) kritisiert die Soziologen in "Eleganter Unsinn. Wie die Denker der Postmoderne die Wissenschaften mißbrauchen" scharf.
21. Jahrhundert
- 2000: Der polnisch-britische Soziologe und Philosoph Zygmunt Bauman (* 1925) veröffentlicht sein Werk "Flüchtige Moderne"
- 2000: Der britische Soziologe Anthony Giddens (* 1938) wird mit "Entfesselte Welt. Wie die Globalisierung unser Leben verändert" und "Die Frage der sozialen Ungleichheit" (The Third Way and Its Critics ) der meistzitierte Sozialwissenschaftler der Welt.[5]
- 2000: Der kanadische Journalist David Brooks (*1961) "Bobos in Paradise: The New Upper Class and How They Got There."
- 2000: Robert Putnam (* 1941): "Bowling alone" (erster Aufsatz unter dem Titel schon 1995)
- 2000: Der US-amerikanische Autor James Gleick (* 1954) veröffentlicht sein Werk "Schneller. Eine Zeitreise durch die Turbo-Gesellschaft"
- 2004: Der erstmals vergebene Holberg-Preis ist mit 4,5 Millionen norwegischen Kronen (etwa 550.000 Euro) dotiert
- 2006: "Die Kultur des neuen Kapitalismus" von Richard Sennett (* 1943).[6]
Weblinks
Quellen
- ↑ Introduction to Sociology | Sociology | Skoola
- ↑ Wolf Lepenies in der ZEIT über Comte
- ↑ Ein Gott namens Geld, 1.März 2008, Tagesspiegel
- ↑ DER SPIEGEL 14/1993 - Der Mensch verschwindet
- ↑ Social Science Citation Index, 2000-2012 Statistik
- ↑ Richard Sennett: Die Kultur des Neuen Kapitalismus - Rezensionsnotizen - Perlentaucher