Zum Inhalt springen
Willkommen in der InkluPedia

Komposition (Musik): Unterschied zwischen den Versionen

keine Bearbeitungszusammenfassung
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Zeile 11: Zeile 11:


== Komposition formal ==
== Komposition formal ==
In der Zeit zwischen Spätbarock und Frühklassik (Mannheimer Schule, Erste Wiener Schule) wurde die oben bei Bach beschriebene Kompositionspraxis  zu einer wesenhaft instrumentalmusikalischen Kompositionstheorie weiterentwickelt, die in der Klassik schließlich zur Norm wurde. Diese Norm zeichnet sich durch eine klare Kadenz- und Funktionsharmonik, durch liedhaftes Singen der Melodie und durch eine ausgeprägte Takt- und Taktgruppenmetrik aus. Diese Stilmittel werden in Form von Satzgliedern (Taktgruppen, Perioden) integriert, die nach dem Prinzip des Aufstellens und Beantwortens von Fragen angeordnet werden. Das beschriebene Vorgehen wird idealtypisch in der Sonatensatzform realisiert. [[Johann Mattheson]] sprach hier in Anlehnung an die Rhetorik von „musikalischer Klangrede“. In diesem Prozess bildeten sich die klassischen Lehrgebiete der Kompositionslehre heraus: Harmonielehre, Kontrapunkt sowie Formen- und Instrumentationslehre. Diese Entwicklung fasste [[Hugo Riemann]] abschließend in seiner „Großen Kompositionslehre“ (1902–1913) zusammen.<ref name=":1" />
In der Zeit zwischen Spätbarock und Frühklassik (Mannheimer Schule, Erste Wiener Schule) wurde die oben bei Bach beschriebene Kompositionspraxis  zu einer wesenhaft instrumentalmusikalischen Kompositionstheorie weiterentwickelt, die in der Klassik schließlich zur Norm wurde. Diese Norm zeichnete sich durch eine klare Kadenz- und Funktionsharmonik, durch liedhaftes Singen der Melodie und durch eine ausgeprägte Takt- und Taktgruppenmetrik aus. Diese Stilmittel werden in Form von Satzgliedern (Taktgruppen, Perioden) integriert, die nach dem Prinzip des Aufstellens und Beantwortens von Fragen angeordnet werden. Das beschriebene Vorgehen wird idealtypisch in der Sonatensatzform realisiert. [[Johann Mattheson]] sprach hier in Anlehnung an die Rhetorik von „musikalischer Klangrede“. In diesem Prozess bildeten sich die klassischen Lehrgebiete der Kompositionslehre heraus: Harmonielehre, Kontrapunkt sowie Formen- und Instrumentationslehre. Diese Entwicklung fasste [[Hugo Riemann]] abschließend in seiner „Großen Kompositionslehre“ (1902–1913) zusammen.<ref name=":1" />


Im 20. Jahrhundert wurde dieses „Kompositionsystem des Geltenden“ metrisch, harmonisch und melodisch gesprengt. Der herausgebildete Dualismus von Form und Inhalt wurde zunehmend aufgehoben. Musik wurde in der [[Neue Musik|Neuen Musik]], in Atonalität und Expressionismus absolut (Zweite Wiener Schule). Das in Kompositionen verarbeitete Material ([[Arnold Schönberg]], [[Alban Berg]], [[Anton Webern]]) tendiert nach Unbegrenztheit und entzieht sich kompositorischen Regeln. Der Komponist wie die Zuhörer sind grundsätzlich auf ihren Instinkt angewiesen ([[Béla Bartók]]). „Wer wagt hier Theorie zu fordern?“ (Arnold Schönberg im Schlusssatz seiner Harmonielehre von 1911). Die Auffassung des 20. Jahrhunderts von Komposition führte in den Verlust des Allgemeingültigkeitsanspruches von Kompositionslehren und hin auf eine Fokussierung zu Techniken wie der Zwölftontechnik. Entsprechend wurden im 20. Jahrhundert auch keine umfassenden Lehrwerke zur Komposition mehr geschrieben. In einigen Bereichen der Neuen Musik wurde das „Ausdenken“ von Musik wesentlicher als das „Ausführen und Zuhören“. In anderen Bereichen suchte man eine „Neue Einfachheit“ mit neuen Bekenntnissen, nach innen meditativ nach außen politisch engagiert. Darüber hinaus suchte man die konventionelle Konzertsituation in Konzepten wie der Raumkomposition oder der Klanginstallation zu überwinden. Dazu traten Musikkonzepte wie [[Minimal Music]]. [[Weltmusik]] öffnete zum Schluss den Kompositionsraum für musikalisches Material außereuropäischer Herkunft. Diese Entwicklungen lassen nun die Wahrnehmung des Hörers gegenüber dem musikalischen Werk selbst grundlegend bedeutender erscheinen. „Die Dialektik von musikalischem Fortschritt und normativ-reglementierender Kompositionslehre wurde abgelöst von Tendenzen der [musikalischen] Globalisierung […].“<ref name=":1" />
Im 20. Jahrhundert wurde dieses „Kompositionsystem des Geltenden“ metrisch, harmonisch und melodisch gesprengt. Der herausgebildete Dualismus von Form und Inhalt wurde zunehmend aufgehoben. Musik wurde in der [[Neue Musik|Neuen Musik]], in Atonalität und Expressionismus absolut (Zweite Wiener Schule). Das in Kompositionen verarbeitete Material ([[Arnold Schönberg]], [[Alban Berg]], [[Anton Webern]]) tendiert nach Unbegrenztheit und entzieht sich kompositorischen Regeln. Der Komponist wie die Zuhörer sind grundsätzlich auf ihren Instinkt angewiesen ([[Béla Bartók]]). „Wer wagt hier Theorie zu fordern?“ (Arnold Schönberg im Schlusssatz seiner Harmonielehre von 1911). Die Auffassung des 20. Jahrhunderts von Komposition führte in den Verlust des Allgemeingültigkeitsanspruches von Kompositionslehren und hin auf eine Fokussierung zu Techniken wie der Zwölftontechnik. Entsprechend wurden im 20. Jahrhundert auch keine umfassenden Lehrwerke zur Komposition mehr geschrieben. In einigen Bereichen der Neuen Musik wurde das „Ausdenken“ von Musik wesentlicher als das „Ausführen und Zuhören“. In anderen Bereichen suchte man eine „Neue Einfachheit“ mit neuen Bekenntnissen, nach innen meditativ nach außen politisch engagiert. Darüber hinaus suchte man die konventionelle Konzertsituation in Konzepten wie der Raumkomposition oder der Klanginstallation zu überwinden. Dazu traten Musikkonzepte wie [[Minimal Music]]. [[Weltmusik]] öffnete zum Schluss den Kompositionsraum für musikalisches Material außereuropäischer Herkunft. Diese Entwicklungen lassen nun die Wahrnehmung des Hörers gegenüber dem musikalischen Werk selbst grundlegend bedeutender erscheinen. „Die Dialektik von musikalischem Fortschritt und normativ-reglementierender Kompositionslehre wurde abgelöst von Tendenzen der [musikalischen] Globalisierung […].“<ref name=":1" />
897

Bearbeitungen